
Dr. Markus Oberdörster
© Privat„Abi im Wunderland“: Unsere diesjährige Abiturientia hat sich selbst ein fröhliches, positives Abi-Motto mit auf den Weg gegeben. Für uns als Internatsgymnasium hier am Niederrhein ist das wohl erst einmal ein kleines Kompliment – offensichtlich bewertet die Stufe im Rückblick ihre Zeit in unserem Haus mit einem wohlwollenden Blick.
Jetzt waren die Schülerinnen und Schüler bei der Bewertung der hinter ihnen liegenden Jahre an unserer Schule sicher nicht blauäugig. Natürlich gab es auch in unserer Schul- und Internatsgemeinschaft Konflikte und Herausforderungen. Das gehört zum Heranwachsen und zum Leben an sich eben dazu. Natürlich hat sich nicht jeder mit jedem Fach gleich leichtgetan. Natürlich kam man mit dem einen Lehrer und der einen Mitschülerin besser zurecht als mit anderen. Natürlich sind nicht jede Prüfung und Klausur so gelaufen, wie man sich das erträumt hätte. Dennoch: Am Ende hat wohl die Erinnerung an eine „wunderbare“ Zeit überwogen.
Inzwischen sind die Abiturprüfungen abgeschlossen. Ich freue mich mit den Schülerinnen und Schülern über jedes erreichte Ergebnis und bin dankbar für die Zeit und das Stück des Weges, das wir miteinander gehen durften. Neugierig macht die Wahl des Abiturmottos aber doch. Was meinen sie damit? Was ist das – ein Wunderland? Im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern nennen diese oft den respektvollen Umgang im Haus, die Kommunikation auf Augenhöhe – auch zwischen Lehrkräften, Pädagogen und Schülern. Genannt werden aber auch viele Erinnerung an Kleinigkeiten und Momente, die den Alltag immer wieder geprägt haben.
Ich bin unserer Abschlussklasse für ihr Abimotto dankbar: Offensichtlich gibt es genug „Wunderbares“ in unserem Leben – sofern man dieses wahrnimmt. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Jugendlichen uns „Erwachsenen“ da etwas voraus sind. Wunder muss man sehen wollen. Der Liedermacher Wolfgang Buck singt:„Und wenn das Glück dich streichelt, spürst du es nicht, / und wenn die Musik flüstert, hörst du sie nicht. / Denn du suchst dein Glück weit vorn, /und du meinst dein Glück kommt morg’n.“ Wunder sind möglicherweise vor allem eine Frage der Haltung. Denn wenn man Wunder erst einmal für möglich hält, eröffnet das den Raum, diese selbst zu tun: Eine kleine Geste, ein freundliches Wort kann wunderbar sein. Ein respektvoller, ausgleichender und wertschätzender Umgang in einer sich polarisierenden Welt kann Wunder bewirken.
Ob Wunder geschehen, liegt also erst einmal an uns. Vielleicht nicht gleich die ganz großen, die kleinen Wunder des Alltags aber bestimmt. Das Beste daran ist: Wunder machen glücklich – den, der sie erleben darf, genauso aber den, der sie ermöglicht. Irgendwie schlägt unsere Abiturientia damit eine Brücke zum Pfingstfest. Ausgestattet mit den Gaben den Heiligen Geistes und dem Zutrauen Gottes in uns Menschen bringt es unser diesjähriges Abimotto auf den Punkt: Haben wir den Mut, wunderbar zu sein!