Evonik-Vorsitzender Engel sprach bei den DomGedanken in Münster

Industrie und Volkswirtschaft haben ein logisches und opportunistisches Interesse an Einwanderung. "Wohin man in der Welt auch blickt: Dynamische Volkswirtschaften sind meist Migrantengesellschaften."

Mit diesen Worten führte Dr. Klaus Engel in seinen Vortrag "Migration und Solidarität – Integration als unternehmerische Herausforderung" in der Reihe "DomGedanken" im St.-Paulus-Dom am Mittwoch, 7. September, ein.

Besonders betonte der Vorsitzende des Vorstandes der Evonik Industries AG, dass Unternehmen neben den ökonomischen Aspekten Verantwortung wahrnehmen müssten. "Ein Unternehmen ist ein Teil der Gesellschaft und muss sich natürlich in die Problemlösung solidarisch einbringen", ist Engel überzeugt. Der soziale Friede helfe einer gesellschaftspolitischen Stabilität auf den Weg, von der die Wirtschaft und alle Arbeitnehmer profitierten. "In der gegenwärtigen Problemlage heißt das deshalb konkret: Wir müssen uns an der Integrationsaufgabe der Migranten – einer großen gesamtgesellschaftlichen Herausforderung – beteiligen." Wie groß die Aufgabe sei, lasse sich allerdings noch nicht absehen.

Der Arbeitskräftebedarf und das Angebot klafften allerdings auseinander. Gesucht würden gut ausgebildete Fachkräfte, die unter den Migranten zunächst kaum zu finden seien. "Deshalb sind ein längerer Atem und Geduld gefragt. Schnelle Erfolge wird es kaum geben", sagte Engel. Deutschland brauche aufgrund der zunehmenden Alterung der Gesellschaft junge Menschen. "Insofern ist der Zuzug auf dem Wege der Migration für mich bei allen gewiss nicht geringen aktuellen Schwierigkeiten auch eine gute Nachricht", meinte Engel.

An einem Beispiel aus seinem Unternehmen verdeutlichte er die Integrationsbemühung, die schon aus ethischen Gründen geboten sei. Gemeinsam mit Sozialpartnern der Chemischen Industrie richtete Evonik eigene Integrationskurse ein, in denen junge Menschen mit Sprachkursen und anderen Unterrichtseinheiten darauf vorbereitet wurden, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. "Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer lag im Juni bereits ein Ausbildungsplatzangebot vor", freute sich Engel über den Erfolg des Angebots, auch wenn "wir damit sicher nur einen kleinen, bescheidenen Beitrag leisten. Doch wenn jeder einen solchen Beitrag leisten würde, wären wir gemeinsam schon ein großes Stück weiter."

Ein vernünftiges Einwanderungsgesetz sei in Deutschland notwendig, bei dem die oberste Maxime sein müsse, "die Einwanderung so zu gestalten, dass sie der wirtschaftlichen und damit auch der sozialpolitischen Leistungskraft und dem sozialen Frieden unseres Landes nicht schadet. Denn diese innere Kraft und Ausdruck unserer besonderen Solidarität ist es, die uns überhaupt in die Lage versetzt, kraftvoll zu helfen", betonte Engel.

Doch nicht nur die aufnehmende Gesellschaft müsse sich anstrengen, um aus der so genannten Flüchtlingskrise einen Gewinn für alle zu machen, sondern auch die Migranten selbst dürften sich nicht verweigern. Die vorrangige Voraussetzung für die Integration seien Sprachkenntnisse. Zudem sei der Ausbildungswille wichtig. "Solche Sprach- und Integrationsangebote sind eine Holschuld, die man von jedem Migranten erwarten kann. Aber er hat auch eine Bringschuld. Zum Beispiel, sich in die friedliche Grundstruktur unserer demokratischen und offenen Gesellschaft einzufügen und sich ausdrücklich in Gewaltverzicht zu üben", stellte der promovierte Chemiker klar.

Gegen die vermehrten diffusen Ängste in Teilen der Bevölkerung sei eine starke, glaubwürdige politische Kommunikation notwendig, die Vor- und Nachteile ehrlich und differenziert aufzeige. "Wer Angst vor Veränderungen und neuen Entwicklungen hat, der bekämpft das am besten durch Nachfragen und genaues Wissen darüber"; schlug er einen Weg vor. Die Welt sei spürbar in Unordnung geraten. Wie sich die Situation entwickeln werde, könne nicht vorherhergesagt werden. "Aber wir können immerhin präventiv, sensibel und solidarisch handeln", sagte Engel. Die Unternehmensführer müssten dabei den Gesellschaftern, aber auch der Gesellschaft gerecht werden. "Wir dürfen nicht aufhören, unvoreingenommen neugierig zu sein auf Neues, und auch dabei brauchen wir die Unterstützung unserer Mitarbeiter", rief er die Zuhörenden in der Sicherheit auf, dass sich die Mühe lohne.

Zum Abschluss der Reihe, die in diesem Jahr unter dem Titel "Warum solidarisch?" stand, widmet sich am 14. September Prof. Armin Nassehi dem Thema "Wir schaffen das! Politik zwischen konkurrierenden Solidaritäten". Beginn des letzten Vortrags in der Reihe, die das Domkapitel in Zusammenarbeit mit Evonik Industries AG veranstaltet, ist um 18.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Im Anschluss sind die Besucher zu einem offenen Empfang auf dem Domplatz eingeladen. Sämtliche DomGedanken-Abende werden live im Internet übertragen.

Interessierte können sie unter www.bistum-muenster.de, www.paulusdom.de, kirchensite.de und www.katholisch.de verfolgen.

Bildunterschrift: Die Rolle der Wirtschaft bei der Integration beleuchtete Dr. Klaus Engel, Vorsitzender des Vorstandes der Evonik Industries AG, im Rahmen der DomGedanken.
Foto: Ann-Christin Ladermann/Bischöfliche Pressestelle