Schülerinnen und Schüler malen gegen das Vergessen

, Kreisdekanat Coesfeld

Unter dem Titel „Malen gegen das Vergessen“ hat in der bischöflichen Liebfrauenschule Coesfeld ein Workshop stattgefunden. 28 Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Bildungsgängen hatten sich dafür an einem Wochenende Zeit genommen. Bei dieser Kunstaktion, zu der Schulseelsorgerin Klaudia Dederichs und die jüdische Künstlerin Era Freizon eingeladen hatten, ging es darum, an die ermordeten Juden aus Coesfeld und Billerbeck zu erinnern und eine größere Betroffenheit zu erzeugen. Die Schülerinnen und Schüler beschäftigten sich intensiv mit den Biografien der Menschen und setzten ihre Emotionen in Kunst um. Die Lebensgeschichten der Menschen sollten sichtbare Gestalt annehmen. Inspiriert wurden sie dabei unter anderem von Künstlern wie Käthe Kollwitz, Felix Nussbaum, Brigitte Waldach und Kiki Smith. 

Zwei Frauen knien auf dem Boden und malen ein großformatiges Bild mit Kohlestiften.

Schulseelsorgerin Klaudia Dederichs (links) und die jüdischstämmige Künstlerin Era Freizon hatten Schülerinnen und Schüler der Liebfrauenschule in Coesfeld zu einem Workshop eingeladen.

© Leonie Röttger

Die an dem Wochenende entstandenen Bilder zeigen einen Alltag jenseits der Alltäglichkeit: Gesichter voller Schmerz, voller Trauer, aber auch voller Stolz. „Es sind Bilder, die bis ins Innerste bewegen – und genau das macht sie so wertvoll. Das millionenfache Leid bleibt tief in unserem nationalen Gedächtnis haften“, sagt Dederichs. Die Bilder seien wie Lichter aus der Vergangenheit. Die Botschaft der Kunstwerke beinhalte den Sieg der Menschlichkeit letztlich über die Unmenschlichkeit. 

Die Zeichnungen halten das Eintreffen von KZ-Transporten fest und das persönliche Erleben von Folter. „Sie drücken das Gefühl der Verzweiflung aus. Jedes Werk ist ein Zeitzeugnis und hat einen historischen und zugleich einen künstlerischen Wert“, erklärt die Schulseelsorgerin. Den Menschen in den Konzentrationslagern ein menschliches Antlitz zurückzugeben, sei den Schülerinnen und Schülern, den eigentlichen „Künstlern“ in dem Workshop, ein wichtiges Anliegen gewesen. Der Betrachter sehe in den Werken nicht nur Opfer, sondern Menschen. Die Menschen sehnten sich nach Transzendenz, nach einem Zuhause, nach Freiheit – in den Kunstwerken im Motiv des Himmels und weiteren Symbolen erkennbar. 

Allerdings bleibe der Holocaust letztlich undarstellbar. Doch jedes der entstandenen Werke sei ein lebendiges Zeugnis aus dem Holocaustgeschehen und eine Bekräftigung eines unbeugsamen, menschlichen Geistes. „Die Schülerinnen und Schüler möchten mit ihren Bildern Coesfelder und Billerbecker Juden vor dem Vergessen bewahren. Sie waren emotional sehr berührt, als sie auf Abbildungen die einzelnen Häuser erkannten und davon, dass Menschen, die einmal in diesen Häusern gelebt haben, eine solche Geschichte durchmachen mussten“, berichtet Dederichs. Die Kunst sei vielleicht die einzige Form des Erinnerns gegen das Vergessen, weil sie nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz erreiche. 

Am 27. Januar 2022, am Tag des Holocaust, werden die Bilder in der Evangelischen Kirche sowie in der Synagoge in Coesfeld gezeigt. Gesang, Texte und Kunst bilden den kulturellen Rahmen bei der Eröffnung. „Die Ausstellung ist eine Mahnung, die Würde des Menschen hochzuhalten, den unantastbaren Kern des Daseins“, betont Dederichs. Sie sei dankbar für die Unterstützung zahlreicher Menschen, damit die geschaffenen Bilder eine breite Öffentlichkeit erreichen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Ausstellung auch in der Evangelischen Kirche in Billerbeck präsentiert. 

Text: Klaudia Dederichs/Michaela Kiepe