10 Jahre Centro

In dem freundlich und schlicht eingerichteten Wartezimmer stehen zwar sechs Stühle, meistens wird davon aber nur einer gebraucht.

Die Verantwortlichen im Centro in Münster legen die Termine ihrer Besucher nämlich so, dass diese einander möglichst nicht begegnen. Diese Vertraulichkeit ist unverzichtbar: Das Centro – eine seit zehn Jahren bestehende Einrichtung des Bistums Münster – bietet psychologische Begleitung für Menschen im Dienst der Kirche oder für solche, die auf dem Weg dahin sind, etwa Priesteramtskandidaten.

Drei Ansprechpersonen stehen zur Verfügung: als Psychotherapeutin Schwester Angela-Maria Segbert, als Psychologen Pfarrer Hermann Backhaus und Schwester Katharina Kluitmann osf. Alle drei haben anerkannte Ausbildungen absolviert. Zu ihnen kommen Seelsorger – also Priester, Diakone, Pastoralreferenten –, Ordensleute und andere Menschen, die ihr Leben in unterschiedlichen Formen Gott geweiht haben.

Dass für sie bei psychologischen Fragen eine eigene Anlaufstelle sinnvoll ist, kann Schwester Katharina erklären: "Wir beziehen ihr geistliches Leben ein und verstehen es – auch aufgrund unserer eigenen Erfahrung mit diesem Leben." Für die Begleiter im Centro sei es keine Halluzination, wenn man "die Stimme Gottes" höre, formuliert sie zugespitzt. Das habe auch der damalige Bischof Reinhard Lettmann so gesehen, auf dessen Initiative das Centro zurückgehe: "Er hat wahrgenommen, dass Priester manchmal eine über die geistige Begleitung hinausgehende psychologische oder psychotherapeutische Begleitung brauchen und die begleitende Person Ahnung haben sollte von geistlichem Leben."

Noch etwas komme hinzu: Centro-Klienten könnten sicher sein, nicht unter Generalverdacht zu stehen, Probleme mit ihrem oder wegen ihres ehelosen Lebens zu haben. "Kein seriöser Therapeut hätte einen solchen Generalverdacht, aber unsere Klienten befürchten das bei nicht geistlichen Therapeuten manchmal", erklärt die Psychologin.

Also kommen sie in das wie eine normale Wohnung in der Münsteraner Frauenstraße gelegene Centro – und das zahlreich. Über 300 Menschen sind seit Gründung der Einrichtung dort gewesen. "Ohne Werbung zu machen, hatten wir vom ersten Tag an eine Warteliste", sagt Schwester Katharina.

Wer einen Beratungstermin bekommt, startet mit einem Erstgespräch, an das sich eine psychologisch- geistliche Standortbestimmung anschließt. Bei drei mehrstündigen Treffen gehen die Psychologen mit dem Klienten alle Lebensbereiche durch. Nach der verpflichtenden Standortbestimmung könnten die Klienten entscheiden, ob sie eine längere Begleitung mit ein bis zwei Treffen pro Woche wünschen. Für die Gespräche zahlen die Klienten eine Gebühr, während das Bistum Münster die Einrichtung samt Personalkosten finanziert.

Die Beweggründe, aus denen heraus Menschen Begleitung im Centro suchen, sind ebenso vielfältig wie in jeder anderen psychologischen Praxis. "Krankenkassen würden von vielen unserer Klienten sagen, dass kein Krankheitsbild vorliegt", erzählt die Schwester. Dementsprechend helfe vielen "schon das Erkennen von Mustern, die Selbsterkenntnis, wie sie durch die Standortbestimmung erreicht wird." Denn je besser man die eigene Seele kenne, desto besser könne man als Seelsorger für die Seelen der anderen sorgen.

Inhaltlich hätten sich die Beratungsthemen seit 2005 nicht geändert. Auffällig sei lediglich, dass "es den Menschen heute leichter fällt, über Sexualität zu reden. Da hat der Missbrauchsskandal dazu beigetragen, dass man diesen Lebensbereich auch in einem geweihten Leben als wichtig anerkennt." Nicht nur das Reden über Probleme, sondern grundsätzlich auch Psychologie sei heute allgemein annehmbarer, "sowohl für die, die hierher kommen, als auch für die, die sie dazu ermutigen", betont Schwester Katharina.

Allerdings habe die Beratung durch das Centro auch ihre Grenzen, etwa da, wo ein Klient Medikamente benötige. Die dürfen die Begleiter nicht verschreiben. "Aber wir haben uns ein gutes Netzwerk aufgebaut", schildert Schwester Katharina. Ein Netzwerk, das wie das Centro trägt und sorgt – damit Seelsorger auch weiter für Seelen sorgen können.

  • - Das zehnjährige Bestehen des Centro wird am Samstag, 21. März, um 15 Uhr im Bischöflichen Priesterseminar Borromaeum in Münster mit einem Festakt gefeiert. Den Festvortrag hält der Schweizer Psychologe und emeritierte Abt Martin Werlen zum Thema ,Drei heilsame Provokationen für die Psychologie‘.

Text: Bischöfliche Pressestelle
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