200 Jahre Kapuzinermönche als Beichtväter im Hohen Dom zu Münster

Seit genau 200 Jahren leisten Priesterbrüder des Kapuzinerordens im Hohen St.-Paulus-Dom zu Münster einen besonderen Dienst: diese Patres haben hier das Amt des Dom-Poenitentiars inne.

Dabei handelt es sich um den Beichtvater der Bischofskathedrale, der auch als "Pater achter de Uhr" bezeichnet wird, da früher der Ort des Beichtstuhls in einer Kapelle hinter der Domuhr war. Seit vier Jahren übt Pater Norbert Poeschel diesen Dienst aus und führt damit die langjährige Tradition fort.

Menschen aller Altersgruppen, Gesellschaftsschichten und Berufe kommen zum Beichten in den Dom. Pater Norbert erzählt: "Auch aus der weiteren Umgebung reisen die Leute an, um hier ihre Beichte abzulegen." In diesem Zusammenhang gibt der Pater auch zu bedenken, dass sich das Empfinden von Sünde und Schuld im Laufe der Zeit verändert hat: "Heutzutage sind die Menschen nicht mehr so empfindsam gegenüber der Sünde. Vieles wird nicht mehr unter dem Begriff der Schuld gesehen."

Dem "Pater achter de Uhr" kommt in Vertretung des Bischofs eine besondere Rolle zu. So dürfen einige spezielle Verfehlungen nur vom Dom-Poenitentiar vergeben werden, beispielsweise ein Versuch einer nicht zum Priester geweihten Person, eine Eucharistiefeier zu zelebrieren.

So etwas ist aber die absolute Ausnahme. Ein typischeres Beispiel für Beichtende im Dom ist wohl Karin S. Die 23jährige aus einem Vorort der Domstadt schätzt besonders die Anonymität dort. "Zuhause bin ich mit dem Pfarrer persönlich bekannt. Das ist mir dann doch eher unangenehm. Daher komme ich zum Beichten lieber in den Dom nach Münster", erzählt die junge Frau auf Fragen der Reporterin der Bischöflichen Pressestelle. Anders sieht dies die 76jährige Hedwig D., die ebenfalls aus einem Ort aus der Umgebung stammt. Sie zieht die Beichte in der eigenen Gemeinde vor und empfindet die persönliche Bekanntschaft mit dem Geistlichen als beruhigend.

Auch bei der Frage nach der Motivation für das Beichten lassen sich Unterschiede zwischen den Generationen feststellen. So erklärt Hedwig D.: "Ich gehe beichten, weil es ein Teil meines Glaubens ist. Es gibt mir Sicherheit. Ohne die Beichte würde mir die Zuversicht für mein Leben nach dem Tod fehlen." Karin S. geht hingegen beichten, um ihre Seele zu entlasten. "Es erleichtert mich. Danach fühle ich mich gelöst und kann befreit einen neuen Lebensabschnitt beginnen."

Insgesamt stehen Karin S. und Hedwig D. heute aber für vergleichsweise wenige Christen, die das Bußsakrament in Anspruch nehmen. Pater Norbert räumt ein, dass die Beichtbeteiligung rückläufig ist: "Früher gingen deutlich mehr Menschen zur Beichte." Als Grund hierfür nennt der Dom-Poenitentiar den Aspekt, dass die Beichte vielfach noch einen schlechten Beigeschmack habe, weil sie in den 50er und 60er Jahren etwas eher Beängstigendes dargestellt habe.

Für den "Pater achter de Uhr" ist Gott aber "kein Buchhalter, sondern ein lieber und barmherziger Vater". Seiner Meinung nach gibt es daher keinen Grund, das Bußsakrament zu fürchten. Auch die zehn Gebote haben laut Pater Norbert keine Angst einflößende Funktion, sondern "dienen vielmehr der Orientierung und helfen den Menschen, ihre eigene Freiheit aufrecht zu erhalten".

Deshalb spricht Pater Norbert heute auch lieber vom Sakrament der Versöhnung, statt vom Bußsakrament. Für ihn ist das Sakrament eine Begegnungsmöglichkeit mit Gott, bei der man um Verzeihung bitten kann. Dabei sei das Besondere: Die Schuld werde nicht nur aufgearbeitet, sondern auch vergeben. "Das ist entscheidend. Gott schenkt die Versöhnung!", macht Pater Norbert deutlich. "Jeder ist daher herzlich eingeladen, dass Sakrament der Versöhnung zu empfangen", schließt er ab, "und ein Richtmaß, wie häufig man beichten sollte, gibt es heutzutage nicht. Jeder muss dies selbst entscheiden. Die Fastenzeit, die österliche Bußzeit sollte allerdings für eine Beichte ihren besonderen Stellenwert behalten."

Text: Bischöfliche Pressestelle
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