„Auch mit Ecken und Kanten kann man Teil der Krippe sein“

, Kreisdekanat Kleve

Engel breiten ihre Flügel über dem kleinen Holzregal und der Kirchenbank aus, zahlreiche Tiere stehen erwartungsvoll bereit, ein König wartet neben einem Schneemann. Auf einigen Regalbretten sind auch bereits Maria, Josef und das Jesuskind zu sehen. Thorsten Hendricks, Pfarrer der Pfarrei Zur Heiligen Familie in Materborn und Reichswalde, schaut sich die kleinen Tonfiguren, die in St.-Anna-Kapelle aufgestellt sind, zufrieden an.

Pfarrer Thorsten Hendricks freut sich, dass schon so viele Menschen ihre Figuren zur Krippe in der St.-Anna-Kapelle gebracht haben.

© Bistum Münster

„Die Krippe wächst beständig“, berichtet er. Immer wieder kommen Kinder und auch Erwachsene, um eine selbst gestaltete Figur, geformt aus grauem, ungebranntem Ton, zur Krippe zu stellen. Einige Tüten mit Tonklumpen liegen noch bereit, „die Krippe in der Kapelle bleibt auch nach Weihnachten offen, jeder ist eingeladen, sich hier Ton zu holen und eine eigene Figur zu formen“, sagt der Pfarrer. Er freut sich darüber, mit wie viel Kreativität einige Tiere und Menschen geformt wurden, macht aber auch deutlich: „Wir vergeben am Ende keinen Schönheitspreis. Auch mit Ecken und Kanten kann man Teil der Krippe sein. Es gibt Figuren, bei denen etwas abgebrochen ist. Auch sie bleiben hier, die Gebrochenen gehören zur Krippe dazu.“

Das nämlich, erklärt er, sei wesentlich für Weihnachten, dass jeder Mensch zur Krippe kommen dürfe, unabhängig von sozialem Stand, Ansehen, Geld oder Einfluss. „Es geht eben nicht um buntes Geschenkpapier und Tannenbäume, sondern um das Kind, das im Stall geboren wird“, sagt Hendricks. Daher passe es gut, dass es in der kleinen Kapelle keine Heizung gibt und man beständig die Autos hört, die die Dorfstraße in Materborn befahren: „Unruhe, Kälte, ständig in Bewegung sein – das war die Situation, in der Jesus zur Welt gekommen ist und das ist die Realität, die auch in der heutigen Zeit viele Menschen erleben, die auf der Flucht sind vor Krieg, Hunger und Armut.“

Die Türen der kleinen Kapelle stehen tagsüber offen und laden Besucherinnen und Besucher dazu ein, die ständig wachsende Krippe zu betrachten. Die St.-Anna-Kapelle, die übrigens das älteste Annenheiligtum im Bistum Münster ist, steht an der Dorfstraße in Materborn, direkt gegenüber des Pfarrhauses.

Christian Breuer