Bischof Felix Genn fordert Ende der Verjährungsfrist

In einem Interview mit der Rheinischen Post (Düsseldorf), erschienen am Donnerstag, 20. Dezember hat der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, sich zum sexuellen Missbrauch in der Kirche geäußert. Dieser „kann und darf in unserer Kirche keinen Raum haben“, sagt der Bischof. Dabei verweist er auf die sogenannten institutionellen Schutzkonzepte, die gerade in allen Pfarreien des Bistums erarbeitet werden. Mit ihnen werde eine Forderung des Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, aufgegriffen. Zudem betont Genn, dass die Kirche „kein Staat im Staat“ sei und nicht „losgelöst von externer Aufsicht oder Begleitung“ agiere. Daher werde jeder Verdachtsfall sexuellen Missbrauchs an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, die über das weitere Vorgehen entscheiden müsse.

Bischof Dr. Felix Genn

Fordert härtere Strafen für die Täter: Bischof Dr. Felix Genn.

© Harald Oppitz/KNA

Hintergrund für das Interview ist der Fall eines Anfang Dezember entpflichteten Priesters am Niederrhein, der mehrfach Erwachsene sexuell bedrängt hatte und daher bereits Therapien machen musste. Dennoch verfiel er – entgegen Experteneinschätzungen – in neuer leitender Funktion wieder in das frühere Verhalten. Daraus werde das Bistum eine Lehre ziehen, kündigt Bischof Genn an: „Wir brauchen in solchen Fällen nicht nur eine Therapie, sondern auch ein wissenschaftlich fundiertes forensisches Gutachten. Das wird für uns nun immer die Grundlage sein, ob, wie und wo wir einen Priester, der auffällig geworden ist, wieder einsetzen können. Das sind wir den Opfern schuldig, und das müssen wir vor allem auch tun, um künftig nach Möglichkeit zu verhindern, dass es weitere Opfer gibt.“

Schon vor der Priesterweihe müsse bei der Prävention angesetzt werden. „Da geschieht in der Priesterausbildung schon sehr viel“, sagt Genn. Es werde offen über das Thema Sexualität und die Besonderheiten, die die Verpflichtung zum zölibatären Leben mit sich bringt, gesprochen. Genn: „Ich würde niemanden zum Priester weihen, von dem ich den Eindruck habe oder über den mir die Verantwortlichen in der Priesterausbildung berichten, dass er sexuell unreif ist.“ Als Priester müsse man damit leben, derzeit bei vielen Menschen unter dem Generalverdacht zu stehen, sexuell verklemmt und unreif zu sein. Viele Jahrzehnte hätten Priester einen Vertrauensvorschuss gehabt, daraus sei „ein Misstrauensvorschuss geworden“, sagt Genn. Durch Haltung und Handlung müssten die Geistlichen deutlich machen, „dass man der überwältigen Zahl von Priestern vertrauen kann.“

Dennoch fürchtet der Bischof, dass das Thema sexueller Missbrauch sowohl Kirche als auch Gesellschaft noch weiter begleiten wird. Sexueller Missbrauch sei immer auch ein Missbrauch von Macht. Genn betont: „Von daher, aber auch nicht nur deshalb, müssen wir die Macht in der Kirche neu verteilen, angefangen beim Bischof selbst und weiter innerhalb der und zwischen den  kirchlichen Berufsgruppen, zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen, zwischen Frauen und Männern. Auch das sind wir vor allem den Opfern schuldig – schließlich sind sie auch zu Opfern geworden sind, weil das System Kirche sie in der Vergangenheit nicht geschützt hat.“

Zudem fordert der Bischof härtere Strafen für die Täter und konkret ein Ende der Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch. „Das wäre ein zentrales Signal an die Opfer und Tätern wäre klar, dass sie mit ihren Verbrechen nicht davon kommen werden“, betont Genn.

Hier finden Sie das Interview im Wortlaut: Website der "Rheinischen Post"

Christian Breuer