Cappenberger Kreuz im CT durchleuchtet

, Bistum Münster

Ein spätmittelalterliches Kruzifix aus der Stiftskirche St. Johannes Evangelist in Selm-Cappenberg haben Experten im Computertomographen (CT) der Tierklinik Telgte radiologisch untersucht. Initiiert wurde die Durchleuchtung vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in Zusammenarbeit mit dem Bistum Münster und der Diplom-Restauratorin Beate Zumkley, in deren Werkstatt sich die rund 550 Jahre alte Holzarbeit derzeit befindet.

„Während der Restaurierungsarbeiten fiel ein Verschluss an der Schädeldecke des Korpus auf“, erläutert LWL-Restauratorin Anke Dreyer die Maßnahme. „Die CT-Untersuchung sollte zeigen, was sich darunter befindet. Zudem erhofften wir uns näheren Aufschluss über die technologische Ausführung des angestückten Lendentuchs und weiterer Teile“, erklärt die Mitarbeiterin der LWL-Denkmalpflege weiter. Bei der Untersuchung im CT zeichnete sich am Kopf eine tiefe Öffnung ab, die durch einen Zapfen verschlossen ist. „Das ist ein Indiz dafür, dass ursprünglich Reliquien enthalten gewesen sein könnten“, informiert Dreyer. Auch Hinweise zur Entstehung des Kruzifixes zeigen die Bilder: „Die angesetzte Falte am Lendenschurz scheint leicht eingeschoben zu sein, mit Blick auf das Röntgenbild sind vermutlich auch die Locken am Kopf angestückt worden.“

85 Zentimeter breit und 128 Zentimeter hoch ist das Astbalkenkreuz, auf dem der Korpus angebracht ist. Der große Röhrendurchmesser des Computertomographen der Tierklinik Telgte machte eine strahlendiagnostische Untersuchung trotz dieser Ausmaße möglich. Normalerweise kommt die rotierende Röntgenröhre zur Diagnosestellung bei Pferden zum Einsatz.

„Es war ein großes Glück, dass die Tierklinik Telgte uns diese Untersuchung ermöglicht hat. Mithilfe des Computertomographen konnten wir wertvolle Informationen gewinnen, ohne Originalsubstanz zu zerstören“, sagt Dreyer.

Die Befunde dienen nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der Erhaltung des Kunstwerks, wie Dreyer betont: „Je mehr wir über ein Kunstwerk und seine Entstehung wissen, desto besser und nachhaltiger können wir es konservieren.“ Die Ergebnisse der Untersuchung werden die Restauratorinnen sowie Restauratoren auswerten und als Bericht veröffentlichen.

Das farbig gefasste Kruzifix aus der Stiftskirche St. Johannes Evangelist ist um 1470 entstanden. Zugeordnet wird es dem Dreinageltypus, bei dem Christus mit gekreuzten Füßen gezeigt wird, die durch einen Nagel am Kreuz befestigt sind. Der Korpus ist auf ein Kreuz aus derselben Zeit montiert, dessen Balken in Form von Baustämmen ausgearbeitet wurden.

Das Kruzifix hing zuletzt im linken Seitenschiff der Stiftskirche St. Johannes Evangelist in Selm-Cappenberg, die in diesem Jahr 900 Jahre alt wird. Im Vorfeld des Jubiläums wurden die Stiftskirche und ihre wertvolle Innenausstattung umfassend restauriert. Mit zwei feierlichen Gottesdiensten, wird die Stiftskirche am Sonntag, 16. Januar, wiedereröffnet.

Text und Fotos: LWL

Zwei Frauen schauen sich den Kopf eines liegenden Kruzifixes genauer an.

In enger Abstimmung: die Restauratorin Beate Zumkley (links) und Dr. Bernadette Rohwerder von der Tierklinik Telgte.

© LWL/Bodi