Die Kirche erhält kulturelles Erbe für künftige Generationen

, Bistum Münster, Kreisdekanat Warendorf

100.000 Euro: Pfarrer Pawel Czarnecki sieht die Zahl noch oben auf dem Spendenbarometer stehen. Diese Summe musste die Pfarrei als Eigenanteil für die Kirchenrenovierung der Everswinkler Pfarrkirche vor drei Jahren aufbringen. „Die Corona-Pandemie hat uns auf den letzten Metern etwas ausgebremst, aber mehr als 80 Prozent hatten wir am Ende zusammen“, erinnert er an kreative Ideen des engagierten Spendenausschusses, um Gelder zu sammeln. „Es war beeindruckend zu sehen, wie sich auch Menschen, die das Geld gut selbst gebrauchen könnten, mit einer Spende für die Renovierung der Pfarrkirche eingesetzt haben“, blickt der Pfarrer von St. Magnus in Everswinkel und St. Agatha in Alverskirchen zurück. 

Schon am ersten Tag der Arbeiten in der Kirche machten die Wissenschaftler eine überraschende Entdeckung: historische Fliesen unter den Steinplatten. Sie zeigten Fragmente eines Adlers für die Luft, eines Löwen für die Erde, eines Fisches für das Wasser und eines Salamanders für das Feuer. Gutachter schätzten den Fliesenteppich auf das Jahr 1870 – Grund genug, die Arbeit mit den vier Elementen zu rekonstruieren. „Es war Anspruch und Herausforderung zugleich, historische Kunst mit ihrer Bedeutung zu bewahren und Neues entstehen zu lassen, das dieselbe Sprache spricht“, erklärt Pfarrer Czarnecki. 

Die Kirche als Kulturort und Kulturhüterin: Everswinkel besitzt nicht nur einen seltenen Fliesenteppich und eine historische Orgel, die Pfarrei darf auch eines der ältesten Hungertücher des Bistums aus dem Jahr 1614 ihr Eigen nennen sowie einen fast vier Meter hohen schmiedeeisernen Leuchter aus der Zeit um 1500, der zweimal im Jahr – an Karfreitag und am Fest Kreuzerhöhung – auch in der Liturgie Verwendung findet. „Wir tragen als katholische Kirche damit eine Verantwortung für den Erhalt und die Pflege eines Jahrtausende alten Kulturerbes“, sagt Czarnecki und weiß: „Das verpflichtet, ist aber ein Beitrag für das ‚kulturelle Gedächtnis‘, von dem die Gesellschaft profitiert.“ 

Die St.-Magnus-Kirche sei längst nicht nur Gotteshaus für die Christen, sondern auch Heimat-Zeichen für die Einwohner und Kulturhaus für Engagierte und Besucherinnen und Besucher. Erst kürzlich diente die Kirche als Bühne für den Frauenchor „Harmonie“, der gemeinsam mit dem in diesem Jahr gegründeten Chor „Con Tacto“ ein Konzert in der St.-Magnus-Kirche gab. „Die Bedeutung des Wortes ‚katholisch‘ als ‚allumfassend‘ wurde an diesem Abend besonders deutlich, als unterschiedliche Menschen Musik unterschiedlicher Richtungen präsentierten“, blickt Czarnecki auf einen kurzweiligen Abend zurück.
 

Stolz hielt Pfarrer Pawel Czarnecki 2021 zwei der historischen Fliesen in den Händen, die den entdeckten Fliesenteppich in der Kirche nun ergänzen.

Stolz hielt Pfarrer Pawel Czarnecki 2021 zwei der historischen Fliesen in den Händen, die den entdeckten Fliesenteppich in der Kirche nun ergänzen.

© Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann
In neuem Glanz präsentierte sich die Everswinkler Pfarrkirche bei der Wiedereröffnung 2021

In neuem Glanz präsentierte sich die Everswinkler Pfarrkirche bei der Wiedereröffnung 2021

Dass gerade die Kirche eine wichtige Rolle dabei spielt, das kulturelle Erbe für künftige Generationen zu erhalten, zeigen die Zahlen: Zusammen mit den anderen denkmalgeschützten Liegenschaften wie Pfarrhäusern, Wohnstiften und Konventgebäuden besitzt die katholische Kirche in Deutschland rund 60.000 denkmalgeschützte Gebäude, davon 22.800 Kirchen. Hinzu kommen mehr als 887 denkmalgeschützte Friedhöfe.

Auch die Pfarrkirche St. Magnus aus dem 15. Jahrhundert und die Marienkapelle in Everswinkel sowie die St.-Agatha-Kirche in Alverskirchen stehen unter Denkmalschutz – und das seit fast 40 Jahren. „Daran wird deutlich, dass unsere Kirchen keine Bauten wie viele andere sind“, betont Czarnecki. Einen hohen emotionalen Wert für Everswinkel und das umliegende Münsterland habe deshalb die umfangreiche Kirchenrenovierung gehabt, für die das Gotteshaus 15 Monate schließen musste. Das sah auch der Bund so und unterstützte die Arbeiten mit 170.000 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm. Das Geld floss in die Restaurierung der in Westfalen nur noch selten anzutreffenden Deckenmalerei in den Gewölben aus dem 16. Jahrhundert. Weitere 24.000 wurden für die Sanierung der historischen Fleiter-Orgel zur Verfügung gestellt, die ebenfalls zu den bedeutenden spätgotischen Kunstschätzen des Münsterlandes zählt

Hintergrund

Hintergrund
Ob Schulen, Büchereien, Ferienfreizeiten, Sucht- und Schuldnerberatungen, Kindertageseinrichtungen, Hospize, Kulturveranstaltungen, Wohnen für Menschen mit Behinderungen… – die katholische Kirche im Bistum Münster hat zahlreiche Angebote, die von Menschen jeden Alters nachgefragt und genutzt werden. In vielen Feldern kirchlichen Engagements ist die Nachfrage im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr sogar gestiegen oder bleibt auf einem hohen Niveau stabil. 

Beispiele dazu finden sich auf www.bistum-muenster.de/kirche-ist-mehr.