Können wir nicht mehr miteinander, wollen wir nicht mehr miteinander reden? Als Bürgermeister einer kleinen, dörflichen Gemeinde im Münsterland spreche ich viel mit Menschen. Und sie sprechen mit mir, wollen mich sprechen, meistens natürlich, wenn es darum geht, dass etwas schiefgelaufen ist.
In den Gremien sprechen wir über textliche Vorlagen, Vorhaben und miteinander. Oft genug fallen aber auch Sätze z. B. wenn es um Vandalismus an Schulen oder im öffentlichen Raume geht wie: Wir kommen da nicht ran. Wir können uns das nicht erklären. Was ist da eigentlich los, und warum passiert das? Wir sind offenbar leider zu weit weg. Das gilt oft auch, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, aber nicht genau klar ist, was richtig ist und erwartet wird. Zu oft erfährt man es anschließend, manchmal auch nur hinter vorgehaltener Hand, wie Entscheidungen wirklich beurteilt werden.
Und dann sind da auch noch die neuen Medien. Dort geht es scheinbar viel einfacher, sich gegenseitig mal so richtig die Meinung zu sagen – leider viel zu häufig in einem ehrverletzenden und alle Grenzen überschreitenden Tonfall. Für Kommunalpolitiker wie den Bürgermeister ist es eine echte Herausforderung, Wege zu finden, wieder in Kontakt zu kommen.
Ein Versuch, der Schule machen könnte: Mit dem Format Pizza-Politik werden neue Wege beschritten. Der Bürgermeister und Ratsmitglieder treffen sich mit Jugendlichen und Heranwachsenden – nicht in Sitzungssälen, mit Tagesordnung und Sitzungsleitung, nein: in den Räumlichkeiten der Jugendlichen im Kinder- und Jugendwerk, gefläzt in Sofas.
Mal stoßen Jugendliche hinzu, mal gehen welche raus. Auch wenn es keine geschriebene Tagesordnung gibt, folgen die Gespräche dennoch oft einen roten Faden, in erster Linie den Gedanken der Jugendlichen. Und siehe da, die Meinungen sind oft gar nicht so unterschiedlich zu denen der gewählten Vertreter der Gemeinde. Die Jugendlichen sind auch genervt von den unsinnigen Zerstörungen, Müll an Orten, wo er nicht hingehört. Und sie wünschen sich wahr- und ernstgenommen zu werden, Orte, an denen sie so sein können, wie sie sind.
Nein, nicht jeder Wunsch geht an diesen Abenden in Erfüllung. Aber auch das kann erklärt werden, und auch das wird verstanden. Die, die aber eigentlich lernen, sind wir Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinde und ich als Bürgermeister unserer Gemeinde. Wie wir erfahren, nehmen die Jugendlichen ihrerseits diese Treffen als gutes Format eines Austauschs wahr. Sie lernen auch, dass es den Erwachsenen im Raume ernst ist, mehr übereinander zu erfahren.
Ach so: Die Pizza ist auch noch da, geschmacklich vielfältig und sehr zur Freude aller. Da ist man dann wirklich vereint. Es schmeckt, und dann ist auch mal einfach Ruhe im Raum. Alle mampfen und fühlen sich irgendwie gut. Ein bisschen nachhaltige Verbindlichkeit bleibt auch noch. Die ebenfalls anwesenden Mitarbeitenden des Kinder- und Jugendwerks halten fest, was miteinander vereinbart, was abgearbeitet wird bis zum nächsten Treffen mit Pizza und Politik. Meine Empfehlung: Pizza schmeckt auch in anderen Orten!