„Es braucht ein Bekenntnis der Menschen zu ihren Kultureinrichtungen“

, Kreisdekanat Warendorf

Das Museum „Relígio – Westfälisches Museum für religiöse Kultur“ in Telgte hat die Wochen der Schließzeit während der Corona-Pandemie aktiv genutzt, um sich intensiv der Sammlung des Museums zu widmen. Auch andere Bereiche sind weiter entwickelt worden. Im Interview spricht Museumleiterin Dr. Anja Schöne über die derzeitige Situation, aktuelle Angebote und Pläne für die Zukunft.

Museumsleiterin Dr. Anja Schöne

Museumsleiterin Dr. Anja Schöne

© Stephan Kube, Greven

Wie ist das Museum Relígio bis heute durch die Corona-Pandemie gekommen?
Das Museum Relígio war ja zunächst für acht Wochen und dann noch einmal während des Lockdowns im Kreis Warendorf für eine Woche geschlossen. Daher haben wir die für dieses Jahr geplante Wechselausstellung „Geld und Glaube“ mit all ihren Begleitveranstaltungen ins nächste Jahr verschoben. Das hat sich natürlich gravierend auf die Besucherzahlen und Eintrittseinnahmen ausgewirkt. 
Aber wir haben das Beste aus der Situation gemacht und uns sehr intensiv mit zwei Themen befasst: Zum einen haben wir große, bisher unerschlossene Sammlungsbereiche aus dem Magazin des Museums dokumentiert und in die Datenbank eingepflegt. In einigen Wochen werden die ersten Objekte auch online zu sehen sein. Zum anderen haben wir – wie viele andere Museen auch – unsere Angebote im Bereich Social Media intensiviert. Ein Projekt ist der sogenannte „#FreitagsFavorit“.

Wie nehmen die Besucher dieses Angebot an?
Beim #FreitsgsFavorit(en) haben wir Filme mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erstellt, die Objekte aus dem Depot vorstellen, z. B. einen Gebetszettel zur Hl. Corona. Diese können Besucherinnen und Besucher dann auch im Museum analog sehen. Die Objekte stehen zu Beginn des Rundgangs und können kostenlos betrachtet werden. Die Besucherinnen und Besucher reagieren sehr positiv auf das Social-Media-Angebot, was sich auch an den Nutzerzahlen der Social-Media-Kanäle abzeichnet. Aber die Zielgruppen für Soziale Medien sind nicht zwangsläufig auch Museumsbesucher. Viele klicken nur „gefällt mir“, sie wollen das Objekt dennoch (leider) nicht analog sehen. 
Ein neues Angebot, welches wir seit vier Monaten haben, ist der freie Eintritt an jedem letzten Samstag im Monat. Dieses Angebot ist mehrfach aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen. Nun kann es endlich genutzt werden.

Wie ist die Situation für das Museumsteam?
Da sich im Museum Relígio technisch kein Homeoffice einrichten ließ, haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ganzen Museum verteilt gearbeitet. Es war für alle sehr motivierend, Zeit für Arbeiten zu haben, für die während des normalen Ausstellungsbetriebes selten ausreichend Zeit vorhanden ist. Wir haben niemanden in Kurzarbeit schicken müssen und der Besucherservice konnte dank der Corona-Soforthilfe auch in der Schließzeit seinen Lohn bekommen. Der Zusammenhalt in der Krise hat das Team nochmal gestärkt.

Wie sind die Pläne für die Zukunft?
Wir fangen in diesem Monat wieder langsam mit Veranstaltungen an. Die ersten Führungen sind bereits gebucht. Am Sonntag (9. August) findet eine öffentliche Führung zur Museumsgeschichte statt, Ende August haben wir eine Lesung im Museumsgarten geplant. Alle Termine sind auf der Homepage zu finden. Natürlich muss man sich anmelden, da die Teilnehmerzahlen begrenzt sind. 
Unsere größte Herausforderung ist die 80. Krippenausstellung, die wir am 7. November eröffnen wollen. Bis dahin wird man Tickets für den Besuch und für Führungen online buchen können. Nach Bedarf prüfen wir, ob wir auch am Montag öffnen werden, um die Besuchergruppen zu entzerren. Nach den Ferien nehmen wir zudem – sofern es die Corona-Regeln zulassen - unmittelbar Anmeldungen der Schulklassen für die Krippenausstellung und unseren Workshop „we wish you a merry christmas“ entgegen." Je frühzeitiger wir wissen, wer kommt, desto besser können wir uns darauf einstellen. 
Für das kommende Jahr planen wir bereits jetzt eine Ausstellung zum jüdischen Pessachfest und zeigen die verschobene Ausstellung „Geld und Glaube“.

Was nehmen die Museen aus der Corona-Pandemie mit?
Das Museum Relígio hat in den letzten Jahren ununterbrochen Ausstellungen vorbereitet, sie gezeigt und wieder abgebaut. Dann wiederholte sich das Ganze. In vielen mittleren und kleinen Museen ist damit das ganze Personal gebunden. Corona hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, Zeit für die Museumssammlungen zu haben, die ja viel umfangreicher sind als das, was in den Ausstellungen zu sehen ist. Die Sammlung, Bewahrung und Erforschung von Objekten gehört auch zu den international anerkannten Kernaufgaben von Museen. 
Corona hat sicherlich auch der Digitalisierung einen großen Schub gegeben. Davon profitieren die Museen und vor allem die Öffentlichkeit und Wissenschaft, da die Objekte, die nicht ausgestellt sind, zukünftig in größerer Menge online zu recherchieren sind. Dies setzt voraus, dass die Informationen zu den Objekten wissenschaftlich aufbereitet sind. Höhere Besucherzahlen gewinnt man durch die Digitalisierung jedoch kaum.

Was wünschen Sie sich?
Ich wünsche mir, dass sich die Menschen in Telgte, im Kreis Warendorf und dem Münsterland wieder auf den Weg machen, um unser Museum und auch andere Museen zu besuchen. Es braucht ein Bekenntnis der Menschen zu ihren Kultureinrichtungen. Das ist das beste Mittel gegen die aktuelle Krise der Museen.

Text: Museum Religio Telgte