Das vielfältige und weltweite Wirken von Frauen in der Katholischen Kirche haben nationale und internationale Expertinnen am ersten Tag des Symposiums „Frauenpower und Männermacht“ zu Gehör gebracht. Die Veranstaltung in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster am 16. und 17. September begleitet den Synodalen Weg, den Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, in dem es unter anderem ein Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ gibt.
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode begrüßte die Teilnehmerinnen per Videobotschaft. Er betonte die Notwendigkeit, die theologischen Voraussetzungen zu schaffen, um Felder für das gleichberechtigte Zusammenwirken von Männern und Frauen in der Kirche zu erschließen. „Macht soll in guter Weise als Gestaltungsmöglichkeit eingesetzt und nicht missbraucht werden“, sagte Bode. Aus Sicht von Prof. Dr. Dorothea Sattler, Professorin für Ökumenische Theologie und Dogmatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, greift die Tagung zukunftsweisende Formate auf. „Wir können dem Themenkreis ‚Frauen in Diensten und Ämter der Kirche‘ angemessen nur im internationalen, konfessionsverbindenden, ökumenischen Raum besprechen“, sagte sie in ihrer Begrüßung.
Erfahrungen zum Umgang der katholischen Kirche mit Frauen brachten Maria Mesrian, Theologin und Mitglied der Reformbewegung Maria 2.0 aus Köln, sowie Gudrun Sailer, Journalistin und Vatikanexpertin aus Rom, zur Sprache. Mesrian zeigte sich überzeugt, dass sich am Umgang der Kirche mit dem sexuellen Missbrauch ihre Zukunft entscheiden werde, „und in vielen Hinsichten hat sie sich schon daran entschieden“. Die Themen des Synodalen Weges seien „keine Wünsche linker Kirchenreformer“, sondern wissenschaftlich evaluierte Faktoren, die Missbrauch und seine Vertuschung begünstigen. „Wo hört der Gehorsam auf, und wo muss ich mich meinem eigenen Gewissen stellen? Diese Frage muss sich letztlich die gesamte Deutsche Bischofskonferenz stellen“, forderte Mesrian. Sie selbst glaube noch immer an die „Sprengkraft von klar und fair geführten Diskursen, von denen es in der katholischen Kirche leider zu wenige gibt. Aber ich weiß auch um die Grenzen, denn ich weiß um die Macht.“
Sailer, die daran erinnerte, dass zeitgleich in Rom die zweite Vatikan-Kommission zum Frauendiakonat tagt, schilderte ihre Beobachtung, dass die Frauenfrage im Vatikan mit großer Sensibilität wahrgenommen werde. Diese und die Genderthematik bezeichnete die „Vatikan News“-Redakteurin als „die Streitfragen im Vatikan schlechthin“. In den vergangenen Jahren habe „der bekennende Frauenförderer Papst Franziskus“ immer mehr Frauen in mittlere und höhere Positionen berufen. „Mittlerweile sind 23 Prozent aller Angestellten Frauen“, verdeutlichte Sailer und ergänzte: „Meine römische Erfahrung von Frauenpower und Männermacht im Vatikan ist, dass die Ungeduld, die aus Deutschland zu spüren ist, in Rom wahrgenommen wird und Druck aufbaut.“
Einen analytischen Blick auf das Thema Männlichkeit und Missbrauch gab Prof. Dr. Julie Hanlon Rubio vom Jesuitenkolleg der Universität in Berkeley, USA. Vor dem Hintergrund zeitgenössischer Forschungen zum Thema Geschlecht machte sie deutlich, dass die Auseinandersetzung mit den problematischen Vorstellungen und Inszenierungen von Männlichkeit für eine wirkliche Veränderung der Situation zwingend erforderlich ist. Sie vertrat die Auffassung, dass es sich bei sexuellem Missbrauch durch Geistliche nicht um Einzelfälle handle. Er sei vielmehr „in der Sündenstruktur des Klerikalismus in der Gesellschaft“ verwurzelt sei. „Der Ausschluss der Stimmen und Körper der Frauen von Führungs- und Machtpositionen macht die Kirche blind gegen die Vielfalt und Fülle des Menschseins“, kritisierte Rubio.
Eine theologische Verortung der möglichen Ordination von Frauen und ihrer Teilhabe am Weiheamt nahm Margit Eckolt vor, Professorin für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Universität Osnabrück. Die Frage nach Diensten und Ämtern und der Struktur von Kirche sei von der Frage nach Evangelisierung nicht zu trennen. „Wenn Frauen ‚kritische Anfragen an die kirchliche Lehrbildung im Hinblick auf den Ausschluss von Frauen von kirchlichen Diensten und Ämtern‘ stellen“, erklärte Eckolt in Anlehnung an die sogenannten „Osnabrücker Thesen“, „so sind diese vor allem als ‚Erweis für die Bereitschaft von Frauen‘ zu verstehen, ‚ihre Berufung zum Dienst an der Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat wahrzunehmen‘.“
Die Perspektive der Weltkirche brachten am Nachmittag unter anderem Kate Mc Elwee aus Rochester, Geschäftsführerin der „Women´s Ordination Conference“, der Konferenz für die Frauenordination, sowie Dr. Nontando Hadebe vom Frauennetzwerk „Catholic Women Speak“ ein, die aus Johannesburg zugeschaltet war. Mehr als 3000 Frauen aus verschiedenen Kulturen und Lebensbereichen gehören der Online-Gemeinschaft „Catholic Women Speak“ an, die sich dafür stark macht, dass die Kirche von einer stärkeren Einbeziehung der Perspektiven und theologischen Einsichten der Frauen profitieren wird. Hadebe forderte die Teilnehmenden auf: „Beginnen Sie mit der gelebten Erfahrung, benennen Sie die Ungerechtigkeit und schließen Sie sich mit anderen zusammen. Jede Frau und ihre Geschichte kann dazu beitragen, das Patriachat abzubauen und eine Kirche und Welt zu schaffen, in der die Begabungen nicht das biologische Geschlecht die eigene Rolle in Kirche und Gesellschaft bestimmen.“
Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Arbeitsstelle für Theologische Genderforschung der Universität Münster und den Katholischen Akademien der (Erz-) Bistümer Berlin, Erfurt, Essen und Hamburg statt. Sie ist Teil einer Reihe von internationalen Fachtagungen, mit denen die Katholischen Akademien im deutschsprachigen Raum den Synodalen Weg begleiten.