Fortbildung des Bistums verhalf zu überraschenden Erkenntnissen
Wer Sinnvolles für Menschen tun will, sollte dort ansetzen, wo sie leben: in ihrem Alltag. Von diesem Ansatz ging die Fortbildung "Lebensweltorientierung in der sozialen und pastoralen Arbeit aus".
Veranstaltet von der Hauptabteilung Seelsorge-Personal des Bistums Münster, fand sie von September 2014 bis Ende April statt. Zielgruppe waren Haupt- und Ehrenamtliche aus Pfarrei und/oder Caritas, die als Tandems teilnehmen sollten. So ein Zweierteam bildeten auch Christiane Jurgeleit-Höflich und Hedwig Leser aus Waltrop – und haben viel für ihre künftige Arbeit mitgenommen. Ganz konkret haben sie mit einem Fragebogen die Bedürfnisse hochbetagter Menschen ermittelt.
Hedwig Leser arbeitet als Pastoralreferentin in St. Peter, Waltrop; Christiane Jurgeleit-Höflich ist Mitarbeiterin der Gemeindecaritas im Caritasverband Waltrop/ Oer-Erkenschwick e. V. Vom Sachausschuss Caritas der Pfarrei kennen sie sich. "Durch den gemeinsamen Schwerpunkt der Seniorenarbeit wurde unser Interesse an der Fortbildung geweckt", erinnert sich Leser, "wir wollten Handwerkszeug bekommen, um Menschen gezielt anzusprechen, anstatt aufwändige Angebote zu machen, die keiner will."
Die Fortbildung als Tandem mitzumachen, empfanden beide als Pluspunkt. "Wir haben uns gut ergänzt, persönlich und vom fachlichen Hintergrund her", meint Leser. Und Jurgeleit-Höflich fügt an: "Man hat eine ganz andere Schlagkraft, und vor allem bei der Entwicklung des Praxisprojekts war die Zusammenarbeit sehr hilfreich."
Bei diesem Praxisprojekt sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Lebenswelt ihrer Zielgruppe erkunden und so Probleme und Veränderungsbedarf ermitteln. Ende April wurden die Projekte beim Abschluss der Fortbildung vorgestellt.
Jurgeleit-Höflich und Leser nannten ihres "Erkundung der Lebenswelt hochbetagter Menschen" genannt. "Gemeindemitgliedern war aufgefallen, dass viele ältere Menschen, die lange aktiv in der Gemeinde waren, dort nicht mehr auftauchten", erzählt Hedwig Leser, "wir haben vermutet, dass sie einsam sind, haben eine alte Dame besucht – und festgestellt, dass sie keineswegs einsam war." Die Tandem-Partnerinnen regte das an, "so gut es geht, vorurteils- und klischeefrei herauszufinden, was die alten Menschen wirklich wollen." Methoden dafür hatte ihnen die Fortbildung vermittelt, unter anderem Fragetechniken oder die Embodiment-Methode, bei der man sich ganz auf das Gegenüber konzentriert.
So erstellten sie einen Fragebogen, der an rund 40 über 80-Jährige in Waltrop ging. Er enthielt Fragen zu Lebensbereichen zu stellen, in denen Gemeinde und Caritasverband bei Bedarf mit den Menschen Angebote entwickeln können. "Wichtig war uns, nur Fragen zu stellen, die keine Erwartungshaltung weckten", betont Leser. "Und die gleiche Sprache zu benutzen wie das Gegenüber", ergänzt Jurgeleit-Höflich.
19 Bögen kamen zurück – mit überraschenden Erkenntnissen, die zunächst den Beteiligten vorgestellt wurden. "Wir brauchen kein neues Angebot für diese Zielgruppe", fasst Jurgeleit-Höflich zusammen. Für die Fachfrauen ist das jedoch kein Grund, in Untätigkeit zu verfallen. "Zwar haben die Menschen keinen Bedarf geäußert, mit dem wir weiterarbeiten können", erklärt Leser, "aber das zeigt uns, dass wir die dafür nötigen Ressourcen anders einsetzen können." Sie persönlich empfinde diese Erfahrung als "sehr entlastend".
Die Ressourcen und die Erkenntnisse aus der Fortbildung nehmen die beiden Frauen also in andere Arbeitsbereiche mit, beispielsweise in die Flüchtlingsarbeit. "Bei der Fortbildung ging es ja, mehr noch als um Methoden, vor allem darum, dass man eine Haltung entwickelt", begründet Jurgeleit-Höflich. Schließlich helfe der vermittelte Ansatz, persönliche Ressourcen und Möglichkeiten zu ermitteln, betont Leser: "Das hat auch selbstschützenden Charakter und ist damit gut für alle Beteiligten."
Bildunterschrift: Haben sich als Tandem fortgebildet (von links) Christiane Jurgeleit-Höflich und Hedwig Leser.
Text: Bischöfliche Pressestelle / 02.06.16
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Foto: Michaela Kiepe / Bischöfliche Pressestelle