Patrick Nziinza und Maximiliano Mendoza wirken auf den ersten Blick etwas schüchtern, als sie den Raum in der Wohngemeinschaft im Anna-Katharinenstift Karthaus betreten. Die beiden jungen Männer sind ein wenig aufgeregt, denn mit der Sprache hapert es noch ein bisschen. Das ist aber kein Wunder, schließlich sind sie erst seit gut drei Monaten in Deutschland. Sie leisten in zwei Wohngruppen für Menschen mit Behinderung einen zwölfmonatigen Freiwilligendienst.
Maximiliano, von allen Maxi genannt, ist 20 Jahre alt und kommt aus Mexiko. Der 28-jährige Patrick ist in Uganda aufgewachsen. Das freiwillige Engagement der beiden jungen Männer wird über das weltwärts Süd-Nord-Programm ermöglicht. Ausgewählt und vorbereitet wurden sie in ihrer Heimat von Partnerorganisationen. Die Freiwillige Soziale Dienste Bistum Münster gGmbH begleitet sie vor Ort.
„Ich möchte die Menschen, das Land, die Kultur und die Bräuche in Deutschland kennenlernen“, berichtet Maxi, der in Mexiko sein Abitur gemacht hat und später Wirtschaft studieren möchte. Zudem will er an den Herausforderungen wachsen, die ihn erwarten. „Ich bin dankbar für diese Möglichkeit. Für mich ist es ein Privileg, hier sein zu dürfen“, freut sich Patrick, der sich ebenso für das Leben in Deutschland interessiert. Auch er möchte Freundschaften schließen, die Sprache lernen und etwas an die Menschen im Bistum zurückgeben. In seiner Heimat engagiert sich seit 2003 der „Ewaldi Children Education Fund“ der Bocholter Kirchengemeinde St. Josef für Kinder aus benachteiligten Familien. Jedes Jahr leisten zwei junge Menschen aus dem Bistum an deren Schule einen Freiwilligendienst.
Deutliche Unterschiede zu ihren Heimatländern haben Maxi und Patrick schon gefunden. „Es ist sehr kalt, und es gibt wenig Licht. Dafür ist die Natur sehr grün. Die Menschen sind weniger emotional. Sie sprechen alles direkt an. Wir müssen uns kulturell noch aneinander gewöhnen“, erklärt Maxi lachend. Und Patrick fügt hinzu: „Die Sprache ist eine Challenge. Aber die Menschen sind so nett. Wir fühlen uns sehr willkommen.“ Bei diesen Worten blickt er Birte Ewald und Matthias Halfmann an. Sie sind als Leitungen der beiden Wohngruppen die ersten Ansprechpersonen für Maxi und Patrick. „Sie übernehmen Pflegearbeiten, begleiten die Bewohnerinnen und Bewohner bei allen anstehenden Aktivitäten, sind in der Hauswirtschaft tätig und bei allem dabei, was wir machen“, informiert Ewald.
Im Miteinander lernen jedoch nicht nur die beiden jungen Männer etwas, sondern auch alle anderen. „Sie berichten von ihrer Kultur und ihren Festen. Auch kulinarisch bekommen wir viel mit, was unseren Bewohnerinnen und Bewohnern sowie uns gefällt“, ergänzt sie. Und Halfmann fügt hinzu: „Durch ihre Fragen reflektieren wir auch unsere Arbeit.“ Er schätzt die Art, mit der die beiden auf die Menschen in der Einrichtung zugehen. „Sie sind offen und lachen viel“, sagt er. Das kommt an.
Und sowohl Maxi als auch Patrick macht die Arbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern viel Freude. „Sie sind sehr aufgeschlossen und inspirieren mich. Jeder sollte so ein freiwilliges Jahr ausprobieren und der Gemeinschaft etwas zurückgeben“, ist Patrick, der sich auch in seiner Heimat immer ehrenamtlich engagiert hat, überzeugt. Da viele Bewohnerinnen und Bewohner keine Verbal-Sprache haben, lernen die Freiwilligen auch, mit den Händen zu sprechen. Zudem seien viele Bilder und Symbole im Haus zu finden. „Das hilft unseren Menschen und unterstützt auch die beiden beim Spracherwerb“, erklärt Ewald.
Seit gut elf Jahren nimmt das Anna-Katharinen-Stift Freiwillige aus anderen Ländern auf, im fünften Jahrgang Freiwillige aus dem weltwärts-Programm. Viele gute Erfahrungen hat Jörg Seichter gemacht, der sie unter anderem betreut. „Es tut uns allen gut. Wir lernen und profitieren voneinander. Die Ruhe und die Herzlichkeit der beiden kommt an“, berichtet er. Umso mehr bedauert er es, dass sich in diesem Jahr keine Gastfamilien für die Freiwilligen gefunden hätten. „Aber vielleicht klappt es beim nächsten Durchgang wieder“, hofft Seichter. Für die Mitarbeitenden sowie die Bewohnerinnen und Bewohner sei es eine Selbstverständlichkeit, dass Menschen aus anderen Kulturen im Anna-Katharinen-Stift sichtbar seien. „Am Anfang braucht es Erfahrungen, sich darauf einzulassen. Man investiert viel, aber wir bekommen gefühlt doppelt soviel zurück“, ist sich Halfmann sicher.