Gäste zeigten sich vom Jüdischen Museum in Dorsten beeindruckt

, Kreisdekanat Recklinghausen

Hohen Besuch führte Norbert Reichling an diesem Morgen durch das Jüdische Museum in Dorsten. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Bischof Dr. Felix Genn, Superintendent Steffen Riesenberg sowie Zwi Rappoport, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe, waren der Einladung zum Besuch ebenso gefolgt wie beispielsweise Regierungspräsidentin Dorothee Feller, Landrat Bodo Klimpel, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung, und Sylvia Löhrmann, Generalsekretärin des Vereins „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, musste kurzfristig ihr Kommen absagen. Eine Vollsperrung der Autobahn hinderte sie an der Weiterfahrt nach Dorsten. 

Beeindruckt zeigten sich die Gäste von dem bürgerschaftlichen Engagement, das vor 30 Jahren die Gründung des Museums ermöglichte. „Unser Ziel ist es, nicht ein schematisches und starres, sondern ein plurales Bild des Judentums zu zeigen“, betonte Reichling, der bis 2020 das Museum ehrenamtlich geleitet hat und seine erkrankte Nachfolgerin, Dr. Kathrin Pieren, vertrat. Die Aktiven im Museum erforschten nicht nur historisch das Thema Judentum, sondern sie fühlten sich mit ihren zahlreichen Ausstellungen auch zuständig für die Gegenwart. Genau diesen Aspekt lobten die Gäste, vor allem vor dem Hintergrund der verstärkt wahrnehmbaren antisemitischen Strömungen in der Gesellschaft. „Es ist gut, dass das Museum auch jungen Menschen vermittelt, dass es ein jüdisches Leben gibt und dass dies normal ist“, sagte Wüst. Das Museum sei ein Ort, der neugierig mache, ein Ort des Dialogs und der Wissensvermittlung. 

Bischof Genn erinnerte daran, dass das Christentum mit den jüdischen Schwestern und Brüder eine gemeinsame Geschichte habe. „Unsere Ursprünge kommen aus der jüdischen Glaubenstradition, denn Jesus war Jude und hat aus dieser Tradition gelebt. Dass seine Sendung zu einer gewaltsamen Trennung geführt hat, zu einem Urschisma, ist eine leidvolle Geschichte des Antisemitismus, die wir als Christinnen und Christen mitzuverantworten haben“, betonte Genn. Es schmerze ihn zu sehen, dass es auch heute immer noch Antisemitismus gebe. „Frau Leutheusser-Schnarrenberger, Sie haben uns als Verbündete. Es ist ein Alarmzeichen, dass Synagogen und jüdische Einrichtungen von der Polizei bewacht werden müssen. Da sind wir herausgefordert“, wandte er sich an die Antisemitismus-Beauftragte. Er freue sich über das Museum, in dem anschaulich und handfest die Glaubenstraditionen dargestellt würden, vor allem für Menschen, die das Judentum nicht kennen. 

Rappoport dankte Genn für seine Worte, und die Gemeinsamkeit als Grundlage der eigenen Religion anzuerkennen. „Das ist der richtige Weg“, sagte er. Er würdigte das Museum, das es geschafft habe, durch Bildung zu einem Ort zu werden, in dem Antisemitismus bekämpft werde. „Zu erinnern reicht nicht mehr, wir müssen Engagement und Haltung zeigen“, ist Rappoport überzeugt. Ruth Schulhoff-Walter vom Vorstand des Vereins „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ ergänzte: „Wenn der Antisemitismus nicht beseitigt wird, dann gehen die Vorurteile und der Hass irgendwann auf andere Bevölkerungsgruppen über und wir verlieren die Freiheit.“

Anlass für die Einladung, die Museumsleiterin Dr. Kathrin Pieren, Dr. Mark Gutkin, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Recklinghausen, Superintendent Steffen Riesenberg, Dechant Dr. Stephan Rüdiger und Bürgermeister Tobias Stockhoff gemeinsam ausgesprochen hatten, war das Festjahr „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“, das bis zum 31. Juli 2022 wegen der Corona-Pandemie verlängert wurde.

Michaela Kiepe

Ein Mann erklärt den vor ihm stehenden Männern und Frauen etwas.

Norbert Reichling (3. von rechts) erläuterte den Gästen Sylvia Löhrmann, Zwi Rappoport, Ministerpräsident Hendrik Wüst und Bischof Dr. Felix Genn (1. Reihe von links) das Konzept der Ausstellung.

© Bistum Münster