Institut für Theologische Zoologie unternimmt interreligiöse Radtouren

, Stadtdekanat Münster

Radeln für den Artenschutz: Zum dritten Mal hatten das Institut für Theologische Zoologie und das Abrahamische Forum in Deutschland Jugendliche und Erwachsene zu einer interreligiösen Radtour quer durch Münster eingeladen. Rund drei Stunden lang fuhren die 20 Teilnehmenden auf der zehn Kilometer langen Strecke ökologische und spirituelle Orte in Münster an und kamen mit Vertretern aus Judentum, Christentum und Islam sowie Menschen mit ökologischem Wissen ins Gespräch. Im Mittelpunkt des Austausches über den Lebensschutz standen die Fragen, wie Arten in Zeiten der vielfältigen und zunehmenden Klimakatastrophen geschützt werden können und was die Religionen dafür unternehmen. 

Bereits 2019 hatte das Institut für Theologische Zoologie ein mehrtägiges Seminar mit dem Schwerpunkt konzipiert, Corona verhinderte im Frühjahr 2020 die Umsetzung. Das Konzept wurde daraufhin umgestaltet zu der mobilen Durchführung im Freien. Alle drei bislang angebotenen Radtouren waren nach kurzer Zeit ausgebucht, die jeweils 20 Teilnehmenden begeistert. „Viele haben gestaunt über die gute Verknüpfbarkeit der Themen Ökologie und Religion“, berichtet die Mitarbeiterin. 

Die Touren starteten jeweils im Botanischen Garten, machten Halt an der jüdischen Synagoge, an der renaturierten Aa, in der Arrahman Moschee, im Kapuzinerklostergarten und endeten schließlich im Studentischen Garten. „Die Mischung aus theologisch-ökologischem Input, Bewegung und Ortswechseln hat sich als besonders eindrücklich erwiesen. Erfahrbare Wissensvermittlung im doppelten Sinne“, freut sich Tonja Cappiello, verantwortlich für das Projektmanagement, über das erfolgreiche Format. 

Vor der jüdischen Synagoge erläuterte Dr. Deborah Williger den Radfahrern am Beispiel der biblischen Arche-Noah-Erzählung, dass der Erhalt der Schöpfung unlösbar mit dem Erhalt der Artenvielfalt verbunden sei.

© Tonja Cappiello

Input bekamen die Radfahrer von Expertinnen und Experten: Der katholische Theologe und Biologe Dr. Rainer Hagencord erinnerte daran, dass bei Naturforschern der Vergangenheit wie beispielsweise Gregor Mendel oder Charles Darwin eine Verknüpfung von Ökologie und Religion noch ganz selbstverständlich gewesen war, doch heute oft erst wieder entdeckt werden müsse. Hierbei wolle die Radtour einen Beitrag leisten. 

Die jüdische Theologin und Agrarwissenschaftlerin Dr. Deborah Williger erklärte am Beispiel der biblischen Arche-Noah-Erzählung, dass der Erhalt der Schöpfung unlösbar mit dem Erhalt der Artenvielfalt verbunden sei. Das archische Team nannte sie „die Noachiden“, die als „Archetypen der Artenvielfalt“ heute Vorbilder für den Artenschutz seien.

Aktion "Plastik-Ramadan" von muslimischen Gemeinden

Die Physik- und Pädagogikstudentin Berfin Erdem rief an ihrer Station zu einem Moment stillen Innehaltens auf. Nach dem Koran seien die Menschen Statthalter Gottes auf der Erde und beauftragt, für Gleichgewicht in der Schöpfung zu sorgen. Bedrohte Pflanzen und Tierarten bräuchten entschlossenes Handeln. 

Rodin Baltaci, Student der islamischen Theologie, erläuterte, dass auch im Koran die Geschichten Noahs ihren Platz haben. Er sei ein bedeutendes Vorbild für die muslimische Gemeinschaft. Um den Lebensraum von Tieren und Menschen vor Plastikmüll zu schützen, sei vor einigen Jahren die sogar international beachtete Aktion „Plastik-Ramadan“ von muslimischen Gemeinden in Deutschland ausgerufen worden.

Der Garten hat große Bedeutung in allen Religionen

Tobias Isaak, Student der evangelischen Theologie, stellte die Frage, wie mitten in einer ökologischen Krise, einem Krieg, zwischen Menschen und Planet Frieden werden kann. Für seine Antwort griff er auf die Bibel, den Römerbrief, zurück: „Wenn wir Menschen endlich unsere Gotteskindschaft anerkennen, die uns zu Geschwistern allen Lebendigens macht und als solche gegenüber unseren Mitgeschöpfen auftreten. Dazu braucht es das Wahrnehmen des Lebens, das Sensibel-werden für das Leid der Arten und das Eintreten für ihren Schutz. Und es braucht neue Archen: Orte wie zum Beispiel Klostergärten, die in langer Tradition Raum für die Erforschung der Arten schaffen und mit ihrer besonderen Bewirtschaftung Biodiversität ermöglichen.“

Einen Einblick in die sogenannte Permakultur bekamen die Teilnehmenden von Permakultur-Gärtner Julien Lesieur, der betonte, dass der Garten in allen Religionen eine wichtige Bedeutung habe. „Gärten sind Orte der Meditation, der Spiritualität und des Wissens. Heute tendieren viele Konzepte dazu, das Modell unserer traditionellen Gärten zu überarbeiten, um sie verantwortungsvoller zu gestalten. Dies ist der Fall bei der Permakultur.“ Ziel sei es, so Lesieur, die Natur zu verstehen und sich von ihr inspirieren zu lassen, und beispielweise – mit Rücksicht auf die Erde und ihre Bewohner – Gemüse und Obst in großen Mengen zu produzieren und gerecht zu verteilen. 

Ann-Christin Ladermann

Im Botanischen Garten rief Dr. Rainer Hagencord dazu auf, dass eine Verknüpfung von Naturwissenschaft und Religion wieder neu entdeckt werden müsse.

© Tonja Cappiello