Mit einem Festgottesdienst wurde in Xanten an dieses Ereignis erinnert. Neben dem Altar stand ein überlebensgroßes Porträt Leisners, mit Sprühfarbe von dem Künstler Mika Springwald gestaltet. Fast schon klein und zerbrechlich hingegen wirkte der Kelch, mit dem die Eucharistie gefeiert wurde – es war der Kelch, mit dem Karl Leisner im Konzentrationslager Dachau seine erste und einzige Messe nach der geheimen Priesterweihe gefeiert hatte. Wie modern das Gedenken an den Seligen sein kann, bewies der Liedermacher Gregor Linßen aus Neuss. Im Auftrag des Internationalen Karl-Leisner-Kreises (IKLK) hatte er das Lied „Gott, gib mir Mut“ geschrieben, das er beim Gedenkgottesdienst mit seiner Band AMI zum ersten Mal aufführte.
Weihbischof Lohmann, der am Tag des Jubiläums Mitglied im IKLK geworden ist, sagte in seiner Predigt: „Karl Leisner fasziniert mich jeden Tag neu.“ Er habe in dunkler Zeit voller Mut die Wahrheit gesagt, die aber nur wenige hören wollten. Auch heute gelte es wieder, Mut zu zeigen und nicht wegzusehen angesichts des Erstarkens rechts- wie linksextremer Gruppen. Im neuen Karl-Leisner-Lied heißt es: „Es ist die Zeit, die Stimme zu erheben gegen das Reden der falschen Propheten, die mit Hass und Hetze die Meinung vertreten, dass Liebe zu begrenzen sei“. In dieser Gefahr würden wir heute wieder stehen, bezog sich der Weihbischof auf das Lied, „wenn Menschen anderen Glaubens bedroht werden, jüdische Mitbürger wieder Angst haben müssen, in ihre Synagogen zu gehen, um ihre Religion auszuüben, aber auch wenn sich neue Nationalismen breit machen, die gefährlich sind und sich gegen unsere freiheitliche Grundordnung richten“. Dabei gelte nicht das Wort „Wir können nichts machen“ – denn Christen hätten aus dem Evangelium heraus die Kraft zu handeln.
Leisner sei ein „großartiger Zeuge“ der Botschaft Jesu: „Er war es damals in dunkler Zeit, er ist es heute, er ist ein Vorbild, gerade auch für die jungen Menschen, denen er durch die Jugendarbeit eng verbunden war“, sagte der Weihbischof. Er selbst werde täglich an den Seligen erinnert. Nicht nur, weil er über dessen Grab den Gottesdienst feiert, auch auf seinem Bischofsstab ist Leisners Porträt abgebildet. „Ich kann mich an ihm festhalten und auf ihn blicken“, legte Lohmann dar.
Karl Leisner wurde 1915 in Rees geboren und wuchs in Kleve auf, wo er sich in der christlichen Jugendarbeit einen Namen machte. 1938 trat er ins Priesterseminar in Münster ein und empfing im März 1939 die Diakonenweihe durch den damaligen Bischof Clemens August Graf von Galen. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler 1939 hatte sich Leisner kritisch gegenüber dem Nazi-Regime geäußert und wurde von der Gestapo festgenommen. Er wurde in die Konzentrationslager Sachsenhausen und später Dachau gebracht. Dort wurde er heimlich zum Priester geweiht. Nach der Befreiung des KZ durch die Amerikaner starb Leisner schwer erkrankt in Planegg. Zunächst wurde er in Kleve beigesetzt, am 3. September 1966 wurden die Gebeine in die Krypta des Xantener Doms überführt. Der damalige Papst Johannes Paul II. sprach Karl Leisner am 23. Juni 1996 selig.
Christian Breuer