Im Oktober, dem „Monat der Weltmission“, richtet die katholische Kirche ihren Blick besonders auf die Region Westafrika – das Bistum Münster speziell auf Ghana, unterhält die Diözese doch eine Partnerschaft mit der Kirchenprovinz Tamale. Das Leitwort der Aktion ist „Selig, die Frieden stiften – Solidarisch für Frieden und Zusammenhalt“.
1992 gab Dr. David Abdulai seine sichere Stellung als Arzt im ghanaischen Gesundheitswesen auf, um die Armen in Tamale medizinisch versorgen zu können. „Mit all seinem Gottvertrauen hat er sich auf die Ungewissheit eingelassen und mit Spenden die Klinik aufgebaut“, berichtet Birgit Lödige, die 1995 erstmals als Ärztin dort hinkam. Das Projekt und der Einsatz von „Dr. David“ faszinierten sie. Über Jahre arbeitete die Münsteranerin immer wieder mehrere Monate in deutschen Krankenhäusern, um dann wieder einige Monate die Shekhinah Clinic unterstützen zu können. Dort gibt es weit mehr als nur die bloße medizinische Versorgung: „Das Herzstück ist das tägliche ‚Food Programm‘, bei dem Obdachlose in den Straßen von Tamale mit einer warmen Mahlzeit versorgt werden, ebenso Witwen und alte Behinderte ohne Familie. Außerdem werden Menschen, die auf der Straße gelebt haben und auch dort versterben, abgeholt und würdevoll bestattet.“
Die Corona-Pandemie hat die Klinik hart getroffen: Für einige Wochen musste sie komplett schließen, weil es keine Schutzkleidung gab, berichtet die Ärztin, die in engem Kontakt zu den Verantwortlichen steht. Zwar sei die Zahl der Corona-Infizierten in vielen Ländern Afrika niedriger als befürchtet gewesen, doch hätten die Lockdowns und Grenzschließungen vor allem die Tagelöhner und kleinen Händler schwer getroffen. „Sie können ihre Familien nicht mehr ernähren“, verdeutlicht Birgit Lödige. Die Shekhinah Clinic kämpft vor allem mit den angestiegenen Preisen für Lebensmittel wie Reis, Öl und Gemüse. Diese werden benötigt, um täglich eine Mahlzeit für die rund 150 Obdachlosen kochen zu können.
Birgit Lödige richtet den Blick bereits auf das Weihnachtsfest: Vor mehr als 20 Jahren hatte Dr. David damit begonnen, am ersten Weihnachtstag Arme, Obdachlose und Behinderte zu sich nach Hause zum Essen einzuladen. Inzwischen kommen im Laufe des Tages rund 3000 Menschen, darunter viele Kinder. „Jeder bekommt eine warme Mahlzeit mit einem kleinen Stück Fleisch und zusätzlich zwei Kleidungsstücke“, sagt die Ärztin, die mehrere Male an Weihnachten vor Ort war: „Wir haben einen ganzen Tag und eine ganze Nacht draußen in riesigen Töpfen gekocht und an die 200 Hühner gerupft, um alle Menschen mit Essen versorgen zu können.“
2016 starb Dr. David, seitdem leitet seine Frau Mariama die Klinik. „Für eine Frau ist das in einer traditionell geprägten Gesellschaft wie Nordghana eine außergewöhnliche Leistung, die viel Kraft kostet. Ich bewundere sie“, betont Birgit Lödige. Mariama führt auch „das Weihnachtsfest“ weiter, das auch in diesem Jahr unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsregeln stattfinden wird. „Es würde sich auch gar nicht verhindern lassen, weil die Menschen einfach kommen“, sagt Birgit Lödige. Sie weiß: „Für die Armen und Obdachlosen bedeutet dieses Fest einmal im Jahr eine wirkliche Achtung und Wertschätzung.“
Die Münsteranerin ist überzeugt, dass ein Ort wie Shekhinah gerade in dieser Zeit ein Friedensort sein kann. Bedingt durch die Konflikte in den Nachbarländern der Sahelzone seien auch in Ghana zunehmend Spannungen zu beobachten. „In der Shekhinah Clinic wird jeder absolut vorbehaltlos behandelt, ganz unabhängig von seiner Religion oder gesellschaftlichen Stellung“, sagt Birgit Lödige. „Das ist ganz sicher ein kleiner, aber extrem wichtiger Beitrag zu Frieden in diesen unruhigen Zeiten.“
Der „Monat der Weltmission“ endet am Sonntag, 25. Oktober, mit dem Weltmissionssonntag. Das Hilfswerk missio organisiert Spendensammlungen und Kollekten in den Gottesdiensten. Die Einnahmen fließen in einen Solidaritätsfonds, aus dem die Arbeit der Kirche in den ärmsten Regionen der Welt mitfinanziert wird.
Ann-Christin Ladermann