Original und Kopie Thema beim Künstlertreffen des Bistums

, Bistum Münster

Die Bedeutung künstlerischer Originale und ihrer Kopien sowie ihr wechselseitiger Einfluss sind am 14. November Thema des Künstlertreffens des Bistums Münster gewesen. Etwa 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren dazu auf Einladung von Bischof Dr. Felix Genn in die Akademie Franz Hitze Haus nach Münster gekommen. Vorbereitet hatte das Treffen die Kunstkommission des Bistums um die Vorsitzende Dr. Susanne Kolter.

 

Für einen lebendigen Austausch über Originale und Kopien sorgten (von links) Akademiedirektor Dr. Johannes Sabel, Martina Dlugaiczyk, Dr. Susanne Kolter, Vorsitzende der Kunstkommission im Bistum Münster, und Felix Genn.

© Bistum Münster

In seiner Begrüßung wies der Bischof darauf hin, dass wegen der Kunstwerke in ihren sakralen Gebäuden auch die Kirche mit Originalen und Kopien umgehen müsse. Die Differenzierung erfordere oft Fachkenntnis, dennoch gebe es Unterschiede in der Wahrnehmung, „bei Objekten, denen wir nicht nur eine künstlerische, sondern auch eine spirituelle Dimension zuschreiben.“

Die Fachkenntnis, vor allem aber auch einen spannenden Vortrag brachte Dr. Martina Dlugaiczyk in die Veranstaltung ein. Sie ist wissenschaftliche Referentin in der Abteilung Kunst und Kultur des Bistums Münster. Beim Künstlertreffen sprach sie zum Titel „Original – Kopie – Fake: Déjà-vu – die Kunst der Wiederholung.“ Ihren Vortrag gestaltete sie mit vielen Beispielen und Abbildungen anschaulich.

„Das 21. Jahrhundert könnte zu dem der Kopie werden“, sagte die Fachfrau eingangs. Ausgehend vom Wiederaufbau der bei einem Brand 2019 schwer beschädigten Kathedrale Notre Dame in Paris stellte sie fest: „Die Kopie und deren Kontext dienen der Identitätsstiftung, der Sicherung des Bestandes, dem Transfer von Kulturgut, dem vergleichenden Sehen.“ Ebenso gehe es „um Aneignungsprozesse mittels Kopien und somit um Teilhabe – Aspekte, die sich allesamt vom Original ausgehend auf das Original auswirken können.“

Angesichts des österreichischen Halstatts, von dem China als Kern einer Neubausiedlung eine Kopie errichtete, und der früher in Europa beliebten chinesischen Gärten sowie vieler kopierter Gemälde betonte Dlugaiczyk: „Im westlichen Europa galten Kopien über Jahrhunderte als Medium der Traditionsvermittlung, des Kulturtransfers und der Ausbildung und sind eng mit traditionellen Autorschaftsmodellen und Datierungspraktiken verbunden. Die Kopie ist eine Form der Nachahmung von Vorbildern und damit Teil und Voraussetzung aller Lernprozesse.“

Wichtig sei dabei, dass man erkenne, dass Kopie und Original aufeinander Bezug nehmen, oder es zumindest rhetorisch herleiten könne. Unter anderem am Beispiel der Madonna della Vallicella von Rubens zeige sich, „dass die Kunst der Wiederholung unterschiedliche Facetten und Bedeutungsebenen ausbildet. Wichtig ist das Referenzsystem, um einzuordnen.“

Mit der „Etablierung des Geniekults“ im 18. Jahrhundert habe das Kopieren allmählich eine negative Bedeutung angenommen, gleichzeitig aber Einzug in die Lehrpläne der Kunstakademien gehalten – durchaus von Kritik begleitet. In einem größeren Zusammenhang betrachtet werde aber deutlich, „dass der Kopie in ihrer Stellvertreterfunktion, aber auch in ihrer Eigenständigkeit hohe Wertschätzung entgegengebracht wurde.“

Aus der heutigen Zeit nannte die Referentin Beispiele für Herstellung und Verwendung von Kopien. „Wichtiger ist indes die Frage, was der wiederholte Vorgang, nämlich die dem Original eigene Präsenz und Identität weitestgehend zu dekonstruieren und in einen Prozess einzuschreiben, für Auswirkungen auf das Original, aber auch die Kopie hat“, betonte Dlugaiczyk.

Letztlich seien Markt und Adressaten entscheidend. In Museen werde berechtigterweise vermehrt über den Einsatz von Kopien nachgedacht. „Fehlende Geldmittel und das dringende Thema des Klimaschutzes“ seien Gründe dafür. In Kirchen seien „Kopien der identitäts- und glaubensstiftenden Kult- und Kulturobjekte sicherlich die letzte Wahl.“ Dennoch gebe es sie. Dlugaiczyk nannte beispielhaft den Cappenberger Kopf in der Stiftskirche zu Cappenberg, von dem es zwei Kopien gibt. „Man hat sich für diesen Dreiklang entschieden, da es ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit gab, das Objekt etwa in Ausstellungen zu sehen. In diesem Fall hat sich die Kopie als Träger der Kult/Kultur-Geschichte bewährt“, schloss die Referentin. Daran schloss sich eine lebhafte Diskussion zwischen den Gästen und ihr an.

Anke Lucht