Ringforum: Prälat Kossen prangert Ausbeutung von Arbeitskräften an
Wo Unrecht geschieht, muss sich die Kirche einmischen. Dazu hat Prälat Peter Kossen bei der zweiten Veranstaltung des Ringforums "Ecce homo" ("Seht, da ist der Mensch") im Kreisdekanat Steinfurt am 4. Juli seine Zuhörer in Ibbenbüren aufgefordert:
"Es braucht Menschen, die nicht nur reden,
sondern gegen Missstände etwas tun, sie aufdecken."
Seit langem prangert Kossen, nach seiner Priesterweihe einige Jahre Kaplan in der Nordwalder Pfarrei St. Dionysius, Werksverträge und Leiharbeit an – vor allem in der Fleischwirtschaft im niedersächsischen Teil des Bistums Münster. Dort ist er seit 2011 ständiger Vertreter des Bischöflichen Offizials. Bei seinem Engagement stützt sich Kossen auf das Buch Exodus. Dort heißt es: "Einen Fremden sollst Du nicht ausnützen oder ausbeuten!"
Dass Teile einer Wertschöpfungskette ausgelagert werden, sei zunächst legitim und alltäglich, erklärte Kossen. Über Werksverträge nähmen Unternehmen Dienstleistungen Betriebsfremder in Anspruch: "Wenn diese Vergabe allerdings vielfach im Kerngeschäft eines Unternehmens geschieht, um Löhne zu drücken und Stammbelegschaften abzubauen, dann ist etwas schief." Der Missbrauch der Werksverträge fresse sich "wie ein Krebsgeschwür durch unsere Volkswirtschaft", fand der Prälat am Montagabend deutliche Worte. Dadurch würden – längst nicht nur in der Fleischwirtschaft – Hundertausende Arbeitsmigranten systematisch ausgebeutet. Im Hotelgewerbe, in der Getränkeindustrie, im Gemüseanbau, bei den Regaleinräumern in den Discountern, auf Großbaustellen, im Metallbau, bei den Lkw-Fahrern und im Versandhandel – "überall finden wir ähnliche Strukturen", kritisierte Kossen.
Ein himmelschreiendes Unrecht seien auch die menschenunwürdigen Unterkünfte: "Unter unsäglichen hygienischen Bedingungen und zu völlig überhöhten Mieten werden abbruchreife Häuser mit Rumänen, Bulgaren, Polen und anderen vollgestopft."
"Was ist uns gute Arbeit wert?" Diese Frage stellte Kossen in den Raum – und ließ sie für sich nicht unbeantwortet. Ein Mindestlohn von 8,50 Euro würde den Kunden an der Fleischtheke pro Kilo fünf Cent mehr kosten. "Gerechtigkeit, die wir uns leisten können", appellierte der Prälat an seine Zuhörer, nicht länger der "hirnlosen Geiz ist geil-Mentalität" nachzugehen.
Aus gutem Grund, sagte Kossen, gälten in Deutschland gesetzlich verankerte soziale Standards wie beispielsweise das Verbot von Kinderarbeit und Arbeitsschutz. Auch in der Marktwirtschaft müsse es solche Standards geben. Wertschätzung vor Wertschöpfung, gab Kossen eine klare Orientierung vor.
Der Prälat nahm die Kirche und jeden einzelnen Christen in die Pflicht, Verantwortung zu übernehmen und solidarisch zu sein: "Umfassende Solidarität zeigt als Wesensmerkmal die Bereitschaft zum Teilen, zur Achtung voreinander und zur Zusammenarbeit miteinander." Als Christ wisse er außerdem: "Zur Ungerechtigkeit gibt es immer Alternativen." Werte und Rechte seien der Kitt der Gesellschaft und nicht ihr Sprengstoff. Voraussetzung: Sie gelten für alle – auch für die Zugezogenen und Fremden.
Unterstützung im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen bekam Kossen von den Teilnehmern des Ringforums, unter ihnen Vertreter von katholischen Verbänden wie Kolping und KAB. Sie verlangten mehr Engagement der Kirchen. Denn in einem waren sich alle einig: "Es braucht die öffentliche Wahrnehmung."
Im Rahmen des Ringforums gibt es noch zwei weitere Veranstaltungen: Zu Gast am Dienstag, 4. Oktober, um 19.30 Uhr in der Kirche St. Johannes Nepomuk in Steinfurt ist der Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzende des Bischöflichen Hilfswerkers Misereor, Monsignore Pirmin Spiegel. Er zeigt aus Sicht der Entwicklungszusammenarbeit von Misereor Ansätze auf, wie sich die durch Gewalt, Krieg, Korruption oder Umweltkatastrophen weltweit entstehende Armut bekämpfen lässt.
Für eine neue Humanökologie wird am Montag, 12. Dezember, Prof. Dr. Jürgen Manemann, Leiter des Forschungsinstitutes für Philosophie in Hannover, eintreten. Sein Vortrag "Leben im Widerspruch. Herausforderungen durch den Klimawandel" beginnt um 19.30 Uhr im Gertrudenstift in Rheine.
Die Teilnahme an den Veranstaltungen kostet jeweils drei Euro pro Person.
Weitere Informationen zum Ringforum "Ecce Homo" gibt es beim Kreisdekanat Steinfurt, Telefon 02551/14220, Europaring 1, in Steinfurt oder im Internet unter www.ringforum-steinfurt.de .
Bildunterschrift: Prälat Peter Kossen prangerte bei der zweiten Veranstaltung des Ringforums "Ecce Homo" Werksverträge und Leiharbeit an.
Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de
Foto: Bischöfliche Pressestelle/Gudrun Niewöhner