Situation nach Anschlag in Tabgha

Es steht am Schauplatz der biblischen Brotvermehrung, ist daher christliche Pilgerstätte und wurde vermutlich deshalb in der Nacht zum 18. Juni Ziel eines Brandanschlags:

das Benediktinerkloster im israelischen Tabgha am Nordufer des Sees Genezareth.

Am 22. Juni hat der aus Bottrop im Bistum Münster stammende Pfarrer Ludger Bornemann, Rektor des Pilgerhauses in der Nachbarschaft des Klosters, in einem Schreiben an "die Freunde von Tabgha" über die Situation berichtet. "Wir hoffen sehr, dass durch diesen Anschlag nicht der Eindruck entsteht, jetzt sei man nicht mal mehr in Tabgha sicher", betont er, "und dass die Politiker und Menschen in Israel wachgerüttelt werden, um sich gegen diese Extremisten zu stellen."

Eindeutig sei der Brand mit Benzin vor der Pforte und im Atrium gelegt worden. In Letzterem befinden sich nach Bornemanns Angaben das Pilgerbüro, ein Empfangsraum und ein Lagerraum für Kirchenbestuhlung. Zwei Patres hätten, nachdem einer von ihnen gegen 3 Uhr auf das Feuer aufmerksam geworden war, zunächst versucht, dieses mit Feuerlöschern selbst zu bekämpfen. In der Zwischenzeit hätten Gäste die Feuerwehr alarmiert.

Er selbst, schildert Bornemann, sei gegen 4 Uhr aufgewacht und zum Kloster gelaufen. "Wir konnten dann auch das ,Bekennerschreiben‘ neben der Klostereingangstür an der Wand auf hebräisch rot hingesprayt sehen: ,Alle Götzenanbeter müssen vernichtet werden‘", erzählt er, "wir haben erfahren, dass dieser Text wohl aus einem alten Morgengebet stammt, das heute eigentlich nur noch von ultraorthodoxen Gruppierungen gebraucht wird.".

Bei dem Brand hätten ein Pater und eine junge Frau, die Freiwilligendienst im Kloster leistet, eine Rauchvergiftung erlitten. Sie seien noch in der Nacht ins Krankenhaus gebracht worden. Rauch und Hitze hätten das Dach über dem Büro zerstört, der Souvernirladen gegenüber sei verrußt. In der Brotvermehrungskirche selbst sei glücklicherweise nur die Elektrik beschädigt. Am Morgen des 19. Juni habe man dort schon wieder die Heilige Messe feiern können.

Inzwischen sorgte ein Schwelbrand im Atrium am 21. Juni für neue Aufregung. Glücklicherweise habe er schnell gelöscht werden könne, schreibt der Deutsche Verein vom Heiligen Lande (DVHL) in seinem aktuellen Newsletter. Darin kündigt Abt Gregory an: "Unsere Gemeinschaft, die Mönche der Abtei Dormitio und des Priorates Tabgha, wird ihr klösterliches Leben des Gebets und der Arbeit in diesem Land weiterleben." Rund 4.000 Menschen seien an diesem Sonntag in Tabgha gewesen, um mit Gesängen, Gebeten und Demonstrationen Solidarität auszudrücken. "Dies stützt uns gerade in diesen Stunden", dankt der Abt.

Auch Bornemann beschreibt die Hilfsbereitschaft der Nachbarschaft und berichtet von vielen Zeichen der Anteilnahme. "Uns erreichen auch sehr viele spontane jüdische Besucher, die ihr Erschrecken und ihre Scham für dieses Verbrechen ausdrücken", sagt er. Ebenso schildert er die Solidarität unter den Christen, die in der Kirche zusammenkämen. "Gerade in der Minderheitensituation in Israel, aber auch mit dem Gefühl, das überall im Nahen Osten die Christen verfolgt werden, ist es wichtig, sich gegenseitig zu stärken", meint er, "in den Brandgeruch hinein wird uns klar, wir müssen nach dem Schock wieder Normalität versuchen." Es tue gut, "diesen angeschlagenen Ort mit seinen angeschlagenen Leuten wieder ins Gebet zu bringen."

Die Verantwortlichen für den Brandanschlag sind noch unbekannt. Ein Verdacht gegen orthodoxe Thoraschüler, die in der Nähe eine Wanderung gemacht hätten, habe sich nach deren Vernehmung nicht bestätigt. Bornemann weist darauf hin, dass man in den vergangenen drei Jahren "circa 50 ähnliche Anschläge mit Schmierereien an Kirchen und Moscheen gehabt" habe. Er vermute den Hintergrund in "dieser sehr radikalen und extremen jüdischen Szene". Die polizeilichen Untersuchungen seien "allerdings im Sand verlaufen."

Wie geht es nun weiter in Tabgha? "Die baulichen Schäden werden sicher bald behoben werden", meint Abt Gregory, "viel wichtiger ist uns jedoch, dass die Ursachen der immer neuen Anschläge auf christliche Einrichtungen in diesem Land überwunden werden. Deshalb erwarten wir von den Behörden des Staates Israel eine rückhaltlose Aufklärung und verstärkte Anstrengungen, um solche Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern." Auch Pfarrer Bornemann fordert Konsequenzen, polizeilich und juristische ebenso wie "eine Stärkung von Respekt und Toleranz in Schule und Erziehung. Etwas mehr Wissen über Christen wäre im Lehrplan auch nicht schlecht." Denn das gesellschaftliche Klima sei durch diesen Anschlag auch betroffen.

Und doch sieht er positiv nach vorne: "Diese Erfahrung lässt uns auch näher zusammenrücken – so können wir ehrlich sagen: es geht uns gut in all dem ,Balagan‘!" (hebräisches Wort für Chaos).

Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de