Veranstaltungsreihe „Frauenkunst – gegenüber“ widmete sich Haaren und Hauben
"Wäre Heidi Klum schon im Mittelalter aktiv gewesen, hätte sie sich vielleicht den St.-Paulus-Dom Münster als Kulisse für ihre Models gewünscht. Denn: "Der Dom war der Laufsteg des Mittelalters“, sagt Marie Stockhofe-Fernandes vom Referat Frauenseelsorge des Bistums Münster.
Mit dem LWL-Museum für Kunst und Kultur und der Domverwaltung hat das Referat die Führung "Hauben und Haare – die Kunst, der Glaube und der Kopfschmuck“ organisiert. Als Teil der Reihe "Frauenkunst – gegenüber“ hat sie am 9. September unter Leitung von Elisabeth Lange vom LWL-Museum stattgefunden.
An den christlichen Figuren ließen sich die Trends vergangener Zeiten ablesen, erläutert Stockhofe-Fernandes ihre Laufsteg-Aussage. "Kleidung war und ist immer ein Erkennungsmerkmal. Man zeigt seinen Stand, seine Religion an. Und die Haare spielen dabei eine ganz besondere Bedeutung.“ Elisabeth Lange erklärt dies am Beispiel der Heiligen Katharina von Alexandrien. Als Patronin der Prediger ist sie gegenüber der Kanzel dargestellt. Deutlich zu erkennen sind ihre offenen, goldenen Locken – Hinweis auf einen zeitgenössischen Trend. "Damals haben sich die Frauen mit Naturstoffen aus Blattextrakten ihre Haare gefärbt. Zwei Tage lang musste man die Paste einwirken lassen, bis die Haare geblichen waren“, berichtet Lange.
Ganz anders dagegen ist die nächste Figur des Rundgangs, die sich im Chorumgang befindet: klein, unauffällig, farblos. Das Gesicht ist nicht mehr zu erkennen. "Die Spuren der Widertäufer-Bewegung sind an den ausgekratzten Augen der Frau, deren Name nicht bekannt ist, deutlich zu sehen“, sagt Lange. Die Büste von 1290 zeigt eine Adelige. Sie trägt ein Gebende, eine für das Mittelalter typische Kopfbedeckung aus Leinen, die verheiratete Frauen beim Kirchgang trugen. Sie wurde mehrfach um Ohren und Kinn geschlungen. "Sie waren wörtlich genommen unter der Haube“, erklärt Lange. "Der Kiefer war so fest eingebunden, dass die Frauen oft weder sprechen noch lachen konnten. Aber eine gute Dame redete auch einfach nicht viel.“ Wie viel Hals gezeigt werden durfte, sei ebenfalls abhängig von der Mode gewesen, mal gar nichts, mal ein wenig. Über 55 Frauenfiguren gibt es insgesamt im Dom.
Im Anschluss an die Dombesichtigung ging es für die 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem erfrischenden Getränk in der Hand in das gegenüberliegende LWL-Museum. Dort betrachteten sie die Kopfbedeckungen und Frisuren auf den Kunstwerken , etwa das Bild "Anbetung des Kindes“ von Derick Baegen. Zentral in diesem Bild ist die Hebamme, die ein teure Brokat-Gebende trägt. "Der Maler hat sie ganz besonders in Szene gesetzt, damit wird ihre Wertigkeit in der damaligen Zeit noch einmal besonders deutlich“, erklärt Lange.
Die Veranstaltungsreihe "gegenüber“ mit kostenlosen Führungen hatten Dom und Museum erstmals zum 750-jährigen Domjubiläum 2014 angeboten. Die Veranstaltungsreihe für 2017 ist bereits geplant. Der Blick soll sich dann besonders auf Schmuck und Füße richten.
Text: Bischöfliche Pressestelle / 15.09.16
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Foto: Kerstin Bücker/Bischöfliche Pressestelle