Von Indien nach Heilig Kreuz in Münster

, Stadtdekanat Münster

„Ich fühle mich hier inzwischen zu Hause.“ 15 Monate, nachdem Ramesh Nimmagadda in Münster angekommen ist, kann der indische Priester dies mit Überzeugung sagen. Dass sich der 40-Jährige in seiner neuen Heimat schon jetzt so wohlfühlt, liegt unter anderem am sogenannten Willkommenskurs, den Pastor Ramesh Mitte April erfolgreich abschließen wird. Vor eineinhalb Jahren hatte das Bistum Münster das Pilotprojekt gestartet, um internationalen Geistlichen das Einleben und Integrieren im Bistum zu erleichtern. 

Pastor Ramesh Nimmagadda (links) fühlt sich dank des Willkommenskurses des Bistums und seines Praktikums in der Pfarrei Heilig Kreuz (hier mit Mentor Pfarrer Égide Muziazia) gut auf seinen Einsatz als Priester im Bistum Münster vorbereitet.

© Bistum Münster

Vier Monate lebte Ramesh zunächst mit weiteren Priestern der Weltkirche, die zeitgleich im Bistum Münster angekommen sind, im Priesterseminar Borromaeum. Sprache, Kultur, Seelsorge – diese drei Schwerpunkte standen in der intensiven Anfangszeit im Mittelpunkt. Praktische Erfahrung sammelt der Inder seit Juni in der Pfarrei Heilig Kreuz in Münster – als Praktikant. Pfarrer Égide Muziazia steht ihm seitdem als Ansprechpartner und Mentor zur Seite. „Der Sinn des einjährigen Praktikums besteht darin, dass Ramesh lernt, wie die Seelsorge hier in Deutschland läuft“, erklärt Pfarrer Égide. Um einen Überblick über die vielfältigen Seiten von Seelsorge zu bekommen, begleitet Ramesh nicht nur seinen Mentor, sondern auch die übrigen Mitglieder des Pastoralteams zu Besuchen in der Kita oder der Schule, zu Tauf- und Trauergesprächen, zu Familienkreisen und Seniorennachmittagen. „Ich beobachte viel, schaue, wie die Menschen reagieren und lerne jeden Tag dazu“, fasst der indische Priester zusammen. 

2008 wurde Ramesh zum Priester geweiht. In den 14 Jahren in seiner Heimat leitete er nicht nur eine Pfarrei, sondern später auch eine Schule und ein Straßenkinderheim. Beim Besuch eines Freundes 2017 in Deutschland, sah er, wie wohl sich dieser in seiner Pfarrei im oldenburgischen Münsterland fühlte – und entschied sich für eine neue Herausforderung. „Ich wollte eine andere Kultur, andere Menschen und eine andere Art des Glaubens kennenlernen“, blickt Ramesh auf die Zeit der Entscheidung zurück. 
 

Kulturschock nach Ankunft in Deutschland

Ramesh Nimmagadda

Priester aus Indien

Er bewarb sich beim Bistum Münster und absolvierte noch in Indien einen Deutschkurs auf B1-Niveau. „Ich habe gedacht: Jetzt kann ich die Sprache“, erinnert er sich und muss darüber rückblickend lachen. Die Enttäuschung war groß, als er feststellen musste, dass er – in Münster angekommen – nur wenig verstehen konnte. Aber Pastor Ramesh bleibt dran: „Deutsch ist eine schwere Sprache, aber nicht unmöglich.“ Nach dem intensiven Unterricht während des Willkommenskurses, bei dem die Priester nicht nur alltägliches, sondern auch spezifisches Vokabular für den pastoralen Dienst lernten, bekommt er derzeit Unterstützung von einem Gemeindemitglied aus Heilig Kreuz. „Und ich versuche jeden Tag einen deutschen Film oder eine Serie zu schauen und Radio zu hören“, berichtet Ramesh. 

Dankbar ist der Priester, dass er durch den Willkommenskurs ein Gefühl für die deutsche Kultur bekommen hat. „Als ich angekommen bin, hatte ich einen Kulturschock“, sagt er. Doch das gemeinsame Leben im Priesterseminar am Domplatz habe das Einleben erleichtert. Die zentrale Lage habe das Kennenlernen der deutschen Kultur nicht nur in der Theorie, sondern auch auf dem Wochenmarkt, in der Fußgängerzone oder bei Ausflügen in die Umgebung ermöglicht. Pastor Ramesh hat inzwischen schon viel vom Bistum Münster gesehen. „Ich habe viele Freunde besucht, die aus meinem Heimatbistum kommen und jetzt im Bistum Münster arbeiten“, erzählt er. „Von ihren Erfahrungen möchte ich lernen.“

Gemeinsamer Glaube verbindet Christen in Indien und Deutschland

Diese Lernbereitschaft stellt sein Mentor täglich bei Ramesh fest. „Wenn man neu in eine Kultur kommt, ist dieser Schritt mit einer Haltung verbunden und Ramesh lebt diese Haltung und sagt sich: ‚Es ist zwar anders als in Indien, aber ich bin jetzt in Deutschland und nehme diese neue Situation an.‘“, freut sich Pfarrer Égide. Auch aufgrund dieser Haltung wird Ramesh in der Pfarrei sehr geschätzt, weiß der Pfarrer aus Gesprächen. Unterschiede zwischen Indien und Deutschland könnte Pastor Ramesh, der hofft, in der Pfarrei Heilig Kreuz bleiben zu können, sicherlich eine Menge aufzählen, aber für ihn zählt vor allem eins: „Wir mögen unseren Glauben unterschiedlich ausdrücken, aber uns Christen verbindet überall auf der Welt, ob in Indien oder Deutschland, derselbe Glaube.“ 

Ann-Christin Ladermann