Dass sich Karl van de Kamp um den Weinberg kümmert, ist ein Glück für die Anlage – und dass es die Anlage gibt, ein Glück für Karl van de Kamp. Den gebürtigen Niederrheiner hatte es nach dem Wehrdienst in ein Weinanbaugebiet verschlagen, erst arbeitete er als Industriekaufmann für eine große Firma, doch bald heuerte er spontan auf einem Weingut an. Dort blieb er 40 Jahre. „Ich war zuständig für alle anfallenden Arbeiten“, erzählt er lachend. Der Weinberg war seine Passion. Als er mit Rentenbeginn zurück nach Kamp-Lintfort kam, schien diese Zeit für immer vorbei. „Da bin ich in ein ziemlich tiefes Loch gefallen“, sagt van de Kamp, während er sich im Schatten eines Baumes in einen Campingstuhl setzt und durchatmet.
Aus der Ferne hört man Autos auf der nahen B 510 vorbeirauschen, ansonsten ist es still und friedlich hier. Nach einer kurzen Pause erzählt der Senior weiter: „Irgendwann kam meine Frau mit einem Zeitungsartikel, in dem jemand für die Pflege eines Weinbergs gesucht wird.“ 2016 war das. „Heute fragt meine Frau manchmal, ob ich nicht ein Bett im Weinberg aufstellen möchte, weil ich hier so viel Zeit verbringe“, sagt van de Kamp und lächelt verschmitzt unter seinem Strohhut hervor.
Das heutige Geistliche und Kulturelle Zentrum Kloster Kamp kennt er noch aus Kindertagen, schon als Messdiener war er auf dem Kamper Berg. Vom Weinberg hatte er vorher noch nie gehört. Seit er vor fünf Jahren, mit einem Team fleißiger Helfer, die Pflege ehrenamtlich übernommen hat, hat sich dort viel getan. Fünf Traubensorten wachsen dort, drei rote und zwei weiße, anders als in den Weinanbaugebieten sind das allerdings vor allen Dingen Speisetrauben. „Die haben mehr Fruchtfleisch und würden sich nicht zum Keltern eignen“, erklärt er den Unterschied zu den Früchten, aus denen die Winzer den Wein herstellen. Gelesen wird in Kamp-Lintfort unter fachkundiger Leitung von van de Kamp per Hand. Die Ehrenamtler dürfen für den Privatgebrauch Trauben mit nach Hause nehmen, die anderen werden im Spendencafé zum Verzehr angeboten oder wandern in der Küche des Zentrums in den Nachtisch.
Ab dem 5. Juni werden an jedem ersten Sonntag im Monat zwischen 10 und 15 Uhr regelmäßig Führungen durch den Weinberg angeboten, van de Kamp und sein Team stehen dabei auch für alle möglichen Fachfragen rund um die Pflege von Weinstöcken zur Verfügung. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, die Ehrenamtler freuen sich am Ende der Führungen über eine kleine Spende. Wer eine individuelle Führung an einem anderen Tag wünscht, kann sich an die Verwaltung des Zentrums wenden.
Während van de Kamp sich wieder an die Arbeit macht, Unkraut jätet und sich auch um die anderen Pflanzen kümmert, die rund um die Weinstöcke wachsen, steht Dr. Peter Hahnen im Rokoko-Saal der Klosteranlage. Durch das Fenster lässt er seinen Blick über den Weinberg schweifen. „Das ehrenamtliche Engagement ist die Basis unseres Zentrums“, erklärt der Leiter. Rund 100 Frauen und Männer vom ganzen Niederrhein helfen dort freiwillig, als Gästeführer, im Spendencafé, das nun endlich wieder öffnen darf, im Museum und im Kräutergarten. „Neue Helfer sind immer herzlich willkommen“, betont Hahnen, „wir schauen hier weder auf die Religion noch auf die Herkunft und freuen uns über jeden, der uns unterstützen möchte.“ Dass sich jeder so einsetzt wie Karl van de Kamp, der Stunde um Stunde den Weinberg pflegt, wird dabei übrigens nicht erwartet. „Jeder kann so helfen, wie es passt. Wir möchten hier den guten Willen fördern und fordern, aber nicht melken“, sagt Hahnen lächelnd.
Wer sich engagieren möchte, wendet sich am besten telefonisch unter 02842 927540 oder über das Mailformular an das Geistliche und Kulturelle Zentrum Kloster Kamp.
Christian Breuer