„Die kleinen, alltäglichen Dinge konnte ich stemmen“, sagt sie. Etwa das Haus oder den Garten der Tante versorgen. Doch schon bald stand sie vor Situationen, bei denen sie nicht wusste, ob sie überhaupt das Recht hatte, diese selbstständig zu entscheiden. „Durfte ich einfach ihre Post öffnen?“ Oder: „Soll ich den Wagen meiner Tante abmelden?“
Petra Thalmann erinnert sich, dass sie schnell an ihre Grenzen kam. „Nicht nur, weil das alles mich zeitlich überlastete, auch weil mir oft das Hintergrundwissen fehlte.“ In der Kommunikation mit Gerichten und Behörden gab es viel Papierkram. Sie gibt zu: „Von einem zwölfseitigen Dokument in Amtssprache lese ich eigentlich nur die erste Seite.“
Von diesen Dokumenten gab es viele. Auch deshalb wandte sie sich an den Betreuungsverein für ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen und Betreuer des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SkF) in Ibbenbüren. Ein „Volltreffer“, wie sie im Rückblick sagt. Denn von den dortigen neun hauptamtlichen Mitarbeitenden in der rechtlichen Betreuung bekam sie genau die Unterstützung, die sie brauchte.
„Wir beraten und begleiten die Ehrenamtlichen langfristig“, sagt Ute Middendorp. Sie leitet den Fachbereich für Existenzsichernde Hilfen des SkF und arbeitet mit im Betreuungsverein. Und sie kennt den Wust an Aufgaben, denen ein Laie schnell hilflos gegenüberstehen kann. „Unser Ziel ist es, ihnen die Unterstützungen zu geben, die sie handlungsfähig machen – selbstständig und eigenverantwortlich.“
Fortbildungsangebote und feste Ansprechpartner gehören dazu. Vor allem aber konkrete Arbeitserleichterungen. „Die Mappe mit Formularen und Vordrucken ist für viele eine Riesen-Entlastung“, sagt Ute Middendorp. „Sie können damit ohne großen bürokratischen Aufwand Anträge stellen und Briefe beantworten.“ Eine Leistung bringt den Ehrenamtlichen zusätzliche Sicherheit: „Wer in den Betreuungsverein kommt, ist automatisch haftpflichtversichert.“
Viele Ehrenamtliche kommen mit einem konkreten Betreuungsfall auf den Verein zu, oft aus dem Verwandten- oder Freundeskreis. „Es gibt aber auch Engagierte, denen wir Betreuungsfälle zuordnen“, sagt Ute Middendorp. Dabei wird immer darauf geachtet, dass die Situation des Betreuten zum Profil des Betreuenden passt. „Eine rechtliche Betreuung kann viele unterschiedliche Hintergründe und Auslöser haben – davon darf sich keiner überfordert fühlen.“
Denn im Betreuungsbereich warten oft „mehrere persönliche Baustellen“, sagt Ute Middendorp. „Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Schulden, psychische Probleme …“, zählt sie auf. Die Vernetzung mit anderen Hilfs- und Beratungsangeboten ist deshalb wichtig. „Wir vermitteln immer wieder an Fachkräfte aus spezialisierten Bereichen.“
Die Lieblingstante von Petra Thalmann ist mittlerweile aus dem Koma erwacht. Dadurch stellen sich aber neue Aufgaben. „Es bleibt eine Rundum-Betreuung – ich habe zu meinen zwei eigenen Kindern quasi ein drittes Kind dazubekommen.“ Die Organisation eines Pflegeplatzes, der Kontakt mit Ärzten oder die Regelungen mit dem Amtsgericht kommen zu den Alltagsherausforderungen dazu.
„Aber auch das kriegen wir hin“, sagt Ute Middendorp lächelnd. Sie weiß, dass die Leistungen der ehrenamtlichen Betreuenden weit über die Möglichkeiten hinausgehen, die sie als Hauptamtliche stemmen kann. Gerade die emotionale Nähe im Alltag zählt sie dazu. 342 Engagierte stehen derzeit im Verein zur Verfügung. Gemeinsam mit den hauptamtlichen Betreuern waren sie im Jahr 2023 in insgesamt mehr als 400 Fällen im Einsatz. Jeder einzelne bedeutet häufig die Rettung aus drohender Überforderung. So wie bei Petra Thalmann. Sie ist sich sicher: „Wenn es den Verein nicht geben würde, hätte ich die Betreuung längst aufgegeben.“
Weitere Informationen: Sozialdienst katholischer Frauen - Betreuungsverein
Caritas im Bistum Münster / Carolin Kronenburg
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich – die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto „Not sehen und handeln“ sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM – Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.