Wirtschaftsprofessoren
86% der Deutschen sprachen sich vor der Bundestagswahl für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns aus – im Koalitionsvertrag wurde ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro vereinbart.
Für den Münsteraner Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Ulrich van Suntum ist das eine falsche Entscheidung. "Ein gesetzlicher Mindestlohn ist beschäftigungsfeindlich", sagte van Suntum am 4. Dezember in Münster. Er sprach beim Treffen, zu dem der Münsteraner Bischof Dr. Felix Genn die Professoren der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität eingeladen hatte, zum Thema "Welche Lohnabschlüsse kann und sollte Deutschland sich in der derzeitigen Situation leisten?"
van Suntum machte deutlich, dass die meisten Bundesbürger die Marktwirtschaft in Deutschland nicht für sozial hielten: "65% sagen, dass es ungerecht zugeht in der sozialen Marktwirtschaft." Oft würden mit der sozialen Marktwirtschaft Bilder wie Gier, Rücksichtslosigkeit und Ausbeutung verbunden. Der Wirtschaftswissenschaftler hielt diesen Einschätzungen einige Fakten entgegen: so gehöre Deutschland noch immer zu den wohlhabendsten Ländern; keineswegs schmelze die Mittelschicht; was die Ungleichheit der Verteilung der Einkommen angehe, liege Deutschland im internationalen Vergleich im Mittelfeld und wenn man von Armut in Deutschland spreche, müsse klar sein, dass dies ein "relativer Armutsbegriff" sei, der sich am mittleren Einkommen orientiere. Van Suntum räumte ein, dass in den letzten Jahren zwar etwa der Anteil von Teilzeitbeschäftigung zugenommen habe, dies sei aber nicht zu Lasten der Vollzeitbeschäftigung gegangen. "Die Teilzeitbeschäftigten haben die Arbeitslosen verdrängt", betonte er.
Sehr deutlich wandte er sich gegen die beschlossene Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Dies werde in Deutschland 450.000 bis zu 1 Million Arbeitsplätze kosten. "Einige werden von dem gesetzlichen Mindestlohn profitieren, viele andere werden aber auf der Straße landen", sagte er. Kaufkraft und Konsum würden sinken. Ökonomische Fachgremien seien sich einig, dass der gesetzliche Mindestlohn wirtschaftlich und politisch schädlich sei. Wenn Armut bekämpft werden solle, dann dürfe nicht beim Stundenlohn angesetzt werden, sondern vielmehr beim Haushaltseinkommen. Hauptrisiko für ein Leben in Armut sei Arbeitslosigkeit, sagte van Suntum. Und um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, sei Qualifizierung der entscheidende Schlüssel. Das betonte auch Bischof Genn: "Bildung ist der eigentliche Knackpunkt. Es braucht gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle."
Prof. van Suntum kritisierte weiter, dass der Staat immer mehr in die Vertragsfreiheit eingreife. "Wir erleben den heimlichen Sieg des Sozialismus", sagte er und forderte eine Diskussion darüber, was der Staat dürfe und was nicht. "Es wird uns nicht besser gehen, wenn der Staat immer stärker regulierend eingreift", sagte der Wirtschaftsprofessor und sprach sich für eine Rückbesinnung auf die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft aus.
Text: Bischöfliche Pressestelle
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