Wohnungslosenhilfe
Eine verfehlte Baupolitik in der Vergangenheit ist nach Ansicht des Leiters des Hauses der Wohnungslosenhilfe der Bischof-Hermann-Stiftung, Bernd Mülbrecht, Grund für die Wohnungslosigkeit einer Reihe von Münsteranern.
Rund 600 wohnungslose Menschen lebten derzeit in der Stadt, davon seien 75 Prozent Männer. "Ein Großteil dieser wohnungslosen Menschen lebt in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe", erklärte Mülbrecht am Donnerstag (7. November 2013) bei einer Veranstaltung des Franz-Hitze-Hauses in Kooperation mit dem Stadtkomitee der Katholiken. Diese vermittelte auch einen Eindruck von dem Modellprojekt "Wohnen 60 plus" für ältere Obdachlose in der umgebauten Dreifaltigkeitskirche.
Notburga Heveling, Vorsitzende des Stadtkomitees der Katholiken, wies darauf hin, dass das Thema Obdachlosigkeit in der vergleichsweise reichen Stadt Münster schnell aus dem Blick gerate. "Wohnungslosigkeit ist in Münster ein Problem", unterstrich auch Weihbischof Dr. Stefan Zekorn: Wenn man durch die Stadt gehe, könne jeder wohnungslosen Menschen begegnen. Sie seien für Christen die "Freunde von der Straße".
Das Haus der Wohnungslosenhilfe, mittlerweile an zwei Standorten vertreten, beherbergt nach Darstellung Mülbrechts bis zu 128 Männer aus 21 Nationen. Über die Hälfte von ihnen habe einen Migrationshintergrund. Eine neue Problematik sei der Umgang mit obdachlosen Einwanderern aus Osteuropa. Als Angehörige der Europäischen Union genössen sie zwar Freizügigkeit in Deutschland, hätten aber bisher keinerlei Anspruch auf Unterstützungsleistungen. Die große Herausforderung des Armutsgefälles sei bei der Osterweiterung der Europäischen Union zu wenig bedacht worden, kritisierte Mülbrecht, der auch Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in Münster ist.
Maria Kube, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen in Münster, der das Gertrudenhaus für wohnungslose Frauen trägt, berichtete von der Situation wohnungsloser Frauen: Anders als Männer fielen diese im Stadtbild weniger auf, gleichwohl steige ihre Zahl. Frauen lebten im Schnitt zwei Jahre "in Arrangements" verdeckt wohnungslos, um einer Stigmatisierung zu entgehen, bevor sie sich im Hilfesystem meldeten.
Kube zeigte sich besorgt wegen der zunehmenden Zahl junger Frauen, "die auf die Straße abrutschen": Mittlerweile reiche die Altersspanne der Bewohnerinnen im Gertrudenhaus mit seinen 26 Plätzen von 21 bis 83 Jahre. In diesem Zusammenhang kritisierte sie eine "etwas verfehlte Politik der stationären Jugendhilfe", die Jugendliche möglichst früh verselbstständigen wollte. Zudem bräuchten langzeitwohnungslose Menschen auch im Alter besondere Versorgung, da sie durch Sucht oder psychische Erkrankungen und einen anderen Lebensstil kaum in herkömmliche Pflegeheime integrierbar seien.
Eine Alternative für langzeitwohnungslose Menschen im Alter bietet das Modellprojekt "Wohnen 60 Plus" in der Dreifaltigkeitskirche. Das "Haus im Haus" verfügt über acht Apartments und gemeinschaftliche Räumlichkeiten für ältere, wohnungslose Menschen, die einen anerkannten pflegerischen und hauswirtschaftlichen Bedarf haben. Getragen wird die Einrichtung vom Förderverein für Wohnhilfen, der eng mit den Haus der Wohnungslosenhilfe und den anderen Trägern im münsterschen Hilfenetzwerk kooperiert. "Wir bieten den Bewohnern Individualität und sinnvolle Beschäftigung", erklärte Christian Benning, zuständiger Sozialarbeiter. So sei die Dreifaltigkeitskirche zu einer "diakonischen Kirche" geworden, freute sich Mit-Initiator Mülbrecht. "Es gibt noch viele Menschen, die solchen Wohnraum benötigen."
Text: Bischöfliche Pressestelle
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